Eine kleine Fortsetzungsgeschichte

Sekundenlang sah sich Beverly Crusher erfasst von seltsamer Objektivität. Mit kühlem wissenschafltichen Interesse verzeichnete sie einen heftigen Adrenalinstoß, der heiß in ihr Blut wallte. Neugierig und unbeteiligt beobachtete sie den fremden Leib, während der von der Eingangstür zurücktaumelte und sich ungelenk gen Boden sinken ließ. Dort kauerte die Frau, die Crushers Seele trug, und rang nach Atemluft. Crusher hingegen betrachtete, weiterhin von stumpfer Rationalität ergriffen und doch gedankenverloren, ihr Werk.
Grell zuckten rote Lichtblitze, und noch immer lärmten Sirenen, schwach durchdrungen von einem Geräusch, dass Crusher einem Servomotor zuordnete.
Plötzlich kam ein angestrengtes, metallenes Brausen hinzu. Jenseits der Glasfront ratterten der Reihe nach ein halbdes Dutzend schwere, stählerne Barrikaden abwärts und verriegelten den Raum vollends.
Einen Augenschlag später wurde Beverlys Bewußtsein wieder dem Malstrom der Ereignisse einverleibt. Unweigerliche Zweifel fluteten auf sie ein. Hatte sie sich noch tiefer in die eigene Gefangenschaft manövriert? War es möglich, dass in diesem Metallsarg die Luft ausging? Mußte sie letztendlich in diesem fremden Menschen sterben? Panik kroch in ihren Geist. Doch wie ein Schild und mit eiserner Entschlossenheit hielt sie das Argument hoch, bei aller Hilflosigkeit doch zumindest Aufmerksamkeit auf sich gelenkt zu haben. Ein solcher Alarm war unmöglich zu ignorieren. Wenn dort draußen jemand existierte, mußte dieser Jemand früher oder später kommen, um sie zu befreien.
Der große Zwiespalt, den Beverly sogleich wehement zu unterdrücken suchte, lag bloß in der Frage, ob dieser Jemand und seine unbekannte Welt nicht wesentlich mehr Furcht verdienten als das Gefangensein.
 
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„Q!“ .. dieser Bastard! Dieser verdammte Bastard!
„Nicht!“ Und ob! Merde!
Jean-Luc Picard war von dem Wissen erfüllt, dass sein Ausruf nicht das Geringste ändern würde. So nutze der Captain die Phrase als Ventil, und legte allen Hass, den er nur aufbringen konnte, in diese zwei Worte, die unter dieser Last beinahe zerbrachen. Sie brannten, wie sonst nur die Hölle brannte, als sie seinen Mund verließen, doch ihren Bestimmungsort sollten sie wohlgleich nie erreichen. Und wäre sein Leib eine Kanone, so hätte er sein Herz auf ihn geschossen... durchfuhr es den Captain. Eine Zeile, wie geschaffen als Mahnung an seine Vernunft, eine Forderung nach kühlem Verstand. Doch Picard wollte nicht. Er wollte das Feuer nicht zähmen, zumindest noch nicht. Denn selbst der rationalste Teil seines Selbst gab sich in diesem Moment duldsam und verständnisbereit gegenüber seiner rasenden Wut. Natürlich, auf Dauer konnte er nicht in diesem Zustand verweilen. Doch dieses Mal, nur diese eine Mal, mußte der Zorn sich seinen Weg an die Oberfläche von Picards äußerer Welt bahnen, um sich nicht wie ein Feuersturm nach innen zu kehren und seine Seele zu verzehren. So laut wie niemals zuvor entrang sich seiner Kehle erneut der Name des seiner Ansicht nach Verdammten, entströhmte ihm, heißen Strahlen gleich. Und allmählich verschwand das Glühen seiner Raserei.
Bis es nur noch ein Funken war, der schwach glimmend an den Boden seiner Seele kreiselte.

Picard öffnete die Augen. Seine Lungen schmerzten ebenso sehr, wie sein Hals und seine Zunge schmerzten. Die Worte, die er ausgestießen hatte wie der Leibhaftige, verhallten. Er räuperte sich, und es klang bizarr, weil jenes unscheinbare Räußpern all die Selbstkontrolle und Förmichkeit zum Ausdruck brachte, die man für gewöhnlich mit Picard verband.
Das Hüsteln diente jedoch nicht bloser Linderung. Es war gleichzeitig Ausdruck einer durchaus berechtigten Beschämtheit. Denn ihm gegenüber, hinter einem schweren Schreibtisch, saß ein breitschultriger dunkelhäutiger Mann und starrte ihn mit runden, weit aufgerissen Augen an.
Picard nahm an, dass es angebracht sein könnte, um Verzeihung zu bitten, ließ es jedoch bei einem betretenen Schweigen bewenden. Noch immer in einer gewissen Erführchtigkeit verharrend, flüsterte der breitschultrige Mann: „Wer oder was ist... Q?“
„Der... der siebzehnte Buchstabe des Alphabets?“ antwortete Picard unschuldig und quittierte die Frage zusätzlich mit einem Achselzucken.
Der breitschultrige Mann blinzelte und strich sich flüchtig über seinen schmalen, grauen Oberlippenbart.
„Um Gottes willen, Mister Fillon... und warum brüllen sie den siebzehnten Buchstabe des Alphabets heraus wie der Leibhaftige?“ Nach und nach fand leise Entrüstung den Weg in die Stimme des Schwarzen. Picard musste ihm irgendwie beibringen, warum er vermeindlich die Nerven verloren hatte, und das möglichst ohne wie ein Verrückter dazustehen. Vorsichtig begann er: „Was ich ihnen jetzt erzähle, mag ihnen unglaubwürdig erscheinen“, Picard beugte sich nach vorn, „aber ich habe soeben das Seltsamste erlebt, dass sie sich vorstellen können...“
Eine Sekunde später zuckte der Captain am ganzen Leib zusammen. Eine Tür des Raumes wurde gewaltsam aufgestoßen, dessen vertraute, ovale Form Picard erst in dieser Schrecksekunde ins Auge sprang. Auch eine zweite Tür flog auf, und aus beiden Richtungen stürmten eilig, aber routiniert mehrere Männer in dunklen Anzügen hinein - die gezogenen Pistolen im Anschlag. Ihr Anführer, der die Gefahrenlage bereits nach einer Sekunden erfasst und bewertet hatte, schien beruhigt und führte seine Waffe wie nebenbei zurück ins Halfter. In einem autoritären Tonfall, der bereits nach der eigentliche Antwort klang, fragte er: „Alles in Ordnung, Mister President?“
 
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Beverly Crusher wurde aus ihrer vorrübergehenden Apathie gerissen. Von enormer pneumatischer Kraft beschleunigt, wurde die eiserne Vorhang vor der Tür in seinen Schacht zurück befördert. Die Tür selbst sprang so energisch auf, dass sie beinahe aus den Angeln brach und mit einem Knall an der Wand landete. Mehrere Personen in kugelsichereren Körperpanzern und vorgehaltenen Gewehren stürzten in das Apartment. All dies passierte praktisch gleichzeitig, so dass Beverley ohne ihr Zutun einen überraschten Schrei ausgestieß, nur ein wenige gedämpft von ihrer Hand. Die vermummten Menschen würdigten Beverly, oder wen auch immer sie in ihr sehen mochten, nur weniger flüchtiger Blicke und schwärmten dann zügig aus, strategisch Stellung beziehend.
Beverly musterte sie. Etwas an diesen Männern und Frauen löste eine extreme Reaktion in ihr aus. Worte! Sie versuchte es in Worte zu fassen. Es war kein einfacher Schrecken, nein. Denn deren plötzliches Auftauchen hatte sie längst verarbeitet. Kalte Angst ergriff sie, und ihr Herz verengte sich zu einem krampfenden Klumpen, als ihr ein weiterer Gedanke kam. Da war etwas, in deren Bewegungen. Etwas... perfektes. Zeugend von einer beinahe vollendetes Körperbeherrschung. War sie vielleicht von jenem Gefühl befallen, dass ein von Raubtieren umkreistes Beutetier verspürte? Raubtiere, ja, das passte. Raubtiere, die die Fähigkeit besaßen, mit tödlicher Präzision zuzuschlagen - jederzeit.
Beverly schnappte nach Luft, als einer der Kämpfer unvermittelt auf sie zustach, mit geräuschlosen, aber festen Schritten. Ein Lichtschein lenkte ihre Aufmerksamkeit auf seine Brust, wo zu Beverlys Entsetzen gleich drei glänzende Dolche mit rotem, ledernem Heft aufgereiht waren.
„Alles in Ordnung, Mrs Pandra?“
Erst jetzt senkte er seine Schußwaffe gen Boden, so als wäre deren Lauf nur ein harmloser Fingerzeig gewesen. Nur kurz konnte Beverly den smaragtgrünen Augen des Maskierten begegnen, die auf sie herab blickten. Rasch wandte sie sich wieder ab und fixierte seine glänzenden Stiefel,denn sein Blick war scharf und stechend, schien äußerst tief zu reichen - tiefer als es Blicken erlaubt war, zu reichen.
„Tut mir sehr leid... muß den Code vergessen haben...“, murmelte sie, und versuchte, die Angst aus ihrer Stimme zu vertreiben. Der Mann über ihr seufzte, und es klang in keinster Weise beruhigend. In Anbetracht der Zerbrechlichkeit und der Hilflosigkeit, die Beverlys Körper momentan darbot, wirkte der Mann über ihr wie ein gewalttätiger Stiefvater, dessen ohnehin schon spärliche Geduld kurz davor war, zu Ende zu gehen... Mein Gott, sie glaubte bereits, seine Fingergelenke knacken zu hören! Der Mann hob seinen Kopf von der Brust, beinahe wie ein Adler, und sah aus dem Panoramafenster, welches ein anderer Kämpfer eben entriegelt hatte.
„Dies sind unübersichtliche Zeiten, Mrs Pandra. Die Finger sitzen überall sehr locker am Abzug. Alles kann passieren. Möglicherweise ist es unklug, sich jedweden Fehler zu leisten.“
Beverly nahm den Satz so war, wie der Mann ihn meinte: als direkte Drohung.
 
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Riker konnte sich trotz der Absurdität der Situation ein Schmunzeln nicht verkneifen. Lieutenand Stenvall hatte ihn zu seinem Instrument geführt, oder viel mehr zu dem Admiral Blacks. Von einer Beschwingtheit erfasst, die er weder für möglich gehalten hätte, noch unterdrücken konnte, griff er nach der goldpolierten Posaune, führte mit großer Lockerheit einige Male den Zug, und bließ behende ein, zwei vermessen heitere Tonleitern. Überzeugt von seiner Leistung setzte er ab wandte sich mit einer Zufriedenheit, die an Blasiertheit grenzte, zu Stenvall um, einem unzweifelhaften Lob entgegensehend. Der jedoch kehrte eine verkniffene Mine heraus und mockierte: „Nunja, Admiral. Sie hätten wirklich mehr üben sollen!“
„Treiben sie es nicht zu weit mit mir, Lieutenand, sonst dürfen Sie mit dem Ding auf die Bühne.“
feixte Riker seinerseits und erntete dafür ein breites Grinsen. Endlich war Stenvall von seinem Verdruß erlöst.

Wenige Minuten später sprach Riker mit seinem eher überschaubaren Ensemble, dass gänzlich aus Crewmitgliedern der Avenger bestand: ein hagerer Asiat namens Aw Qichang, von dem man sagte, er spiele trotz seines unbewegten Äußeren das Klavier sehr leidenschaftlich, die zierliche Sophie Verlaine, die amüsanterweise den Kontrabass bediente, sowie die Gebrüder Morris und Russel Norkin, die sich jeweils für das Saxophon und das Schlagzeug Verantwortlich zeichneten.
Riker stellte zu seiner Erheiterung fest, dass er keines der anstehenden Musikstücke auch nur ansatzweise beherrschte. Die Tatsache, dass er Erheiterung empfand, kam ihm sehr wunderlicher vor. Er fragte sich, ob Q etwas Bestimmtes bezweckte mit dieser Aufgabe, oder ob diese kuriose Begebenheit nur ein unbedeutender Zufall im Zeitenlauf darstellte.
Wie auch immer, Riker hatte in diesem Moment ein zu weiches Herz, um eine Teilnahme an dem Auftritt zu verschmähen. Möglicherweise beschwor die Situation auch Admiral Blacks verborgene Liebe zur Musik hinauf, ein Gedanken, der ihn in diesem Moment nicht einmal beunruhigte, da er zunehmend Sympathie für seinen Wirt empfand.
Mit einer Förmlichkeit, die dem ranghöchsten Offizier an Bord gebührte, ersuchte er das Ensemble:
„Meine Herren“ ein Nicken in Richtung Sophie Verlains, „und meine Dame, ich bitte sie um die Möglichkeit, mir etwas mehr Freiraum für Improvisation zu gestatten. Ich habe mich aus bestimmten Umständen leider nicht eingehend vorbereiten können.“
 
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Stopp, stopp, stopp, mach mal ein kleines Päuchen.
Verstehe das nicht als Aufforderung zum Einstellen des Schreibens - speicher es in Word zwischen ;) :D

Die letzten beiden Abschnitte muss ich noch aufholen und wenns zu lange zurück liegt, sind die Reaktionen nimmer so präsent.
 
Hehe, da bist du ja wieder.... okay, ich lass ma stecken fürs Wochenende.
PS: Genau genommen sind ja im Durchschnitt sowieso zwei Tage zwischen den Abschnitten *gg*
 
Mal in Einzelteilen:

Inhaltlich schön, gefällt mir der Picardabschnitt ansonsten ausnahmsweise nicht sooooooo sehr:

Nun ja, Picard flucht mir ein bißchen zu heftig. Diese Passage ist mir auch ein wenig zu überzeichnet, unterstrichen durch das Moby Dick-Zitat, das doppelt unglücklich wirkt: irgendwie passt es nicht zur Situation und Picard, mit seinem literarischen Wissen, würde das sicher ähnlich sehen und was anderes parat haben.
Auch diese Sache mit dem siebzehnten Buchstaben... Im Moment sind mir das zu viele Anleihen an Bestehendes.
 
Die Passage soll eigentlich nur verdeutlichen, dass Picard auch hin und wieder richtig Dampf ablassen muß ;)
Ansonsten kanns sicherlich auch sein, dass mein Niveau sinkt.
Die nächste Passage wird übrigens noch kritischer, vielleicht sogar kitschig. Das muß ich sicher noch mal entschärfen.

PS: Da du sowieso der einzige Leser bist, kann ich dir durchaus das Angebot machen, mit mir zusammen zu arbeiten... *die hand ausstreck*
 
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Hmm, also dazu muss ich gleich mehrere Sachen dazu sagen, ähh, schreiben...

So eine Geschichte ist ja immer "des Autors Baby". Das bedeutet: Es ist Deine Story und Du hast ja ein tolles Gefühl für sie entwickelt, weißt auch in welche Richtung sie gehen soll und hast Dich auf die Charaktere eingestellt.
Und zu viele Köche (das können manchmal schon zwei sein ;)) verderben den Brei, schon weil es zu Abstimmungsproblemen kommen kann.
Ich würde ehrlich gesagt lieber in der Rolle des Lesers, der sich durch Deine Geschichte gut unterhalten fühlt, verbleiben [und ab und an, falls erwünscht, ein bißchen meine Eindrücke zu den sich ergebenden Tendenzen wiedergeben]...
 
Sabotage...
Jean-Luc hatte es satt. So sehr satt. Er mochte den Spieß umdrehen. Er mochte sich weigern. Was immer Q von ihm verlangte, er wollte in genauer Umkehrung davon handeln. Sein Tun würde dem Mächtigen ein Schlag ins Gesicht sein. Denn bei allen Waffen, die man gegen jenen hätte richten können, die wie der Tropfen auf den heißen Stein wirklungslos verdampft wären, gab es nur eine, die hart und scharf genug war, ihn zu bedrängen. Picards freier Wille.
Q hatte ihn vor eine Art Weltgericht gezerrt, mehrfach - ein angeblich niemals endendes Verfahren anstrengend - hatte versuchte, seinen ersten Offizier zu korrumpieren, hatte sich ihm gegenüber als Gott aufgespielt, ihn um Errettung flehen lassen vor den Borg, ihn als Robin Hood lächerlich gemacht, eine Farce veranstaltet nach der anderen, ihn gepiesakt, gedemütigt, für unmündig befunden, getadelt, verachtet, verhöhnt. Wieder und wieder.
Sabotage, ja, Sabotage!
Ach, Merde
...
Ehrliches Bedauern überkam ihn. Zu stur war der Mächtige, zu unnahbar. Es gab doch soviele lohnenden Fragen, Rätsel, die Q zweifellos zu lösen imstande war. Welche Weisheit besaß er zu den großen Fragen, die sich jedes Volk und jedes Individuum des Universums stellte, zu denen weder Wissenschaft noch Theologie Antwort bot? Woher rührte sein ausgeprägtes Interesse an der Menschheit? Woher seine Fixierung auf die Enterprise... und auf Picard?
Als Forscher umtrieb den Captain das Unbekannte. Er trachtete danach, Licht zu bringen in das Dunkel zwischen den Sternen. Als Diplomat zählte der Kontakt mit neuen Lebensformen zu seinen Leidenschaften, die schier unendliche Vielfalt der Kulturen zu friedlicher Koexistenz zu geleiten, zu seiner größten Hoffnung.
Warum dann also? Warum nur mußte ausgerechnet die faszinierendste und am weitesten entwickelte Lebensform, der er je begegnet war, gleichzeitig jene sein, die ihn in am derbsten nervte?
„Mister Fillon!“
Picard gebot sich für einen Moment Einhalt. Hatte Qs Verhalten nicht zu seltenen, aber umso erhabenderen Gelegenheit sogar ehrliche Achtung und Dank verdient?...
„Ich rede mit ihnen, Mister Fillon. Sind sie bei Sinnen?"
Und wenn schon! Verpflichtete ihn ein flüchtiger Dank etwa dazu, jedes erdachte Puppentheater des Mächtigen mitzuspielen wie ein alberner Guignol*? Nein, sicherlich nicht! Viel näher lag ihm ein weiteres Wort französischen Ursprungs.
Sabotage...



* französische Version des Kasper



Mit viel Schwung betrat die Gruppe das Auditorium und nahm seinen Platz ein. Wenn das Publikum in der vergangenen halben Stunde ungeduldig oder sogar ungehalten geworden war, so bemerkte man jetzt nichts mehr davon. Es bedachte das Ensemble mit einem herzlichen Willkommensapplaus. Die Ehre, dass ausgerechnet Admiral Black für sie spielte, trug zur Stimmung maßgeblich bei.
Meine Güte...
Rikers Blick streifte über die Zuhörerschaft. Es war seine Crew. Es waren gute, stolze Frauen und Männer, in deren Gesichter sich ein Enthusiasmus wiederspiegelte, der Rikers in diesem Moment nicht nur auf die Vorfreude des Konzertes bezog, sonder auf die Einmaligkeit ihrer gesamten Mission. Zum ersten Mal seit langer Zeit empfing er das unbändige Pulsieren von wahrem, unbändigem Pioniergeist. Ein wohliger Schauer überkam ihm.
Sekunden später spürte Riker einen heftigen Stich. Mit schmerzhafter Intensität wurde er an den unweigerlichen Fakt erinnert, das viele dieser jungen Menschen bald ihrem Tod entgegensehen sollten. Wehmut trübte seinen Verstand, und er schüttelte sichtbar den Kopf. Wie hatte er sich von dieser kitschigen Situation derart einlullen lassen können?
Völlig überraschend legte das Ensemble los, und Riker riss erschrocken die Posaune hoch, führte das Mundstück zu den Lippen, doch die unwillkührliche Bewegung sorgte dafür, dass das kalte Metall mit Wucht an seine Zähne schlug. Ein greller Blitz von Schmerz durchzuckte ihn. Während Riker das Gesicht verzog, erstarb alle Musik und alle Geräusche im Raum, nur der im ausgelassenen Saxophonspiel vertiefte Russel Norkin benötigte einige Sekunden mehr, um zu begreifen.
Sein letzes Quäken klang in ein langgezogenes Warnsignal hinein, dass einer Rückkopplung nicht unähnliches war. Jeder Hörer war sich über dessen Bedeuteng im Klaren. Es verlangte unbedingte Aufmerksamkeit. Alle Köpfe reckten sich unwillkührlich nach oben.
Als die Lautsprecher des Auditoriums knackten, legte sich noch das leiseste Flüstern. Für einen ewigen Moment trat Totenstille ein.

Dann hallten es so laut, dass einige zuckten.
„Hier spricht Commander Gile. Es folgt eine Direktübertragung des Hauptquartiers unter Flottenadmiral Gardner. Priorität Eins.“
Für mehr Worte wurde dem zweiten Mann an Bord kein Raum gelassen. Die Dringlichkeit der Übertragung degradierte ihn zum Ansager. Es folgten die Worte des Flottenadmirals, in einem Tonfall voller Bedacht und einer Spur Fassungslosigkeit. Jede Silbe sank schwer auf die Häupter, sank zu Boden und blieb dort ruhen wie aus Stein gemeißelt.

„Herr Verteidigungsminister, Herr Sekretär, Mitglieder der Sternenflotte der Vereinten Erde.

Etwas Gravierendes hat sich ereignet.

Im Laufe des heutigen Morgen führte eine unbekannte Streitmacht einen Angriff gegen die Außenposten der Vereinten Erde im Wega-Sternensystem.

Es zündeten nukleare Schläge massiven Ausmaßes über unseren Kolonien.

Lyrae Junction, Lem Town, Harp Star City... Mantle Prime.

Die Zerstörungen sind umfassend. Überlebende... keine.

Wir wissen nicht, ob weitere Angriffe folgen werden. Es fehlt uns jede Vorstellung von dem angreifenden Feind.

Gewiss bei all der Unwissenheit ist nur eines: seit dem heutigen Tag, dem ersten April 2157, einem Tag, der in Trauer und Schande fortleben wird, befindet sich die Vereinigte Erde, befindet sich die Menschheit und ihre Alliierten mit diesem Feind...

...im Krieg.

Sie wurden hierfür ausgebildet. Sie sind bereit. Sie bilden den Kern und den Herzschlag der Verteidigung dessen, was die Menscheit definiert.

Zu unseren höchsten Gütern erhoben wir Toleranz, Gerechtigkeit und Freiheit. Begegnen sie diesem unbekannten Feind, der diese Werte aufs Abscheulichste verneint, mit Würde. Treten sie ihm entgegen mit Moral. Erfüllen Sie ihre Pflichten, und halten sie zu ihren Kameraden. Wir werden diese Zeit durchstehen. Vereint.“


Die Silben aus Stein, sie fügten sich in das Gebäude der Geschichte.
Riker hatte sich aufgerichtet. Auch die rechstlichen Anwesenden hatten sich geschlossen von den Plätzen erhoben. Commander Gile leitete die Durchsage knapp aus: „Der Verteidigungsfall ist eingetreten. Besetzen sie ihre Stationen. Ihre Abteilungsleiter informieren Sie über die aktuellen Entwicklungen. Aus.“
Giles Methode, mit dem Ungeheuren fertig zu werden, schien in einem Zwang zu Beherrschung und Sachlichkeit zu liegen. Dabei wirkte er im Kontrast zur still brodelnden Fassungslosigkeit der anwesenden Crew beinahe schon gefühllos und kalt. Alle Blicke ruhten nun auf den Admiral, angstvoll und hoffnungsvoll zugleich. Von ihm wurde erwartet, das Wort zu ergreifen, beruhigend zu sprechen. Silben zu reihen, die die Verzweiflung tilgen würden, die sagen würden, alles sei nur ein Traum.

Er schaute diesen Menschen nur stumm in die Gesichter. Er sah Tote. Reihe um Reihe. Alles wandelnde Tote, die ihn mit toten Augen ansahen.
"Na los, gehen sie!" herrschte er die Toten nach einer Ewigkeit an. Und während die Menge wie ein Bündel aufgescheuchter Tauben auseinander stob, floh Riker durch den Bühnenausgang, wie ein Musiker nach einem mißlungenen Konzert. Vor Leichen.
 
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So, tschuldige die Pause...

Ich bin bis auf den Teil vom 30.11. wieder auf dem Stand der Dinge.

Die Riker-Passage rund um das musische Interesse des Admirals gefällt mir sehr gut - sowohl stilistisch, als auch inhaltlich; wobei ich schon sagen muss, dass ich mir ein wenig mehr "Action" wünsche - oh Gott, nicht falsch verstehen. Ich fordere keine Schießereien etc. sondern eine Handlung, die mehr nach außen als nach innen geht. Du veanschaulichst wie ich finde außergewöhnlich schön und auch geschickt das Innenleben der Personen, die sich in ihre neue Rolle einzufinden haben. Aber nun sollte nach mMn jetzt das Geschehen mehr auf den eigentlichen Kern gelenkt werden.

Aber vielleicht wartet sowas ja "Sabotage"-Teil schon auf mich.
 
Welche Freude! *gg*
Na, bei Riker kannst du davon ausgehen, daß es ... Action gibt.
 
Ich hab mir heute seit langem mal wieder "Planet Angel One" angeschaut. Bei Riker gibt es Action ...oder Frauengeschichten ;) :D
 
[Tobbi];196951 schrieb:
"So sehr satt"? Das klingt aber nicht so schön.

Picards Überlegegungen gefallen mir aber schon: Q wäre wirklich eine Quelle großer Erkenntnis, wenn er sich nur kooperativer zeigen würde.

[Tobbi];196951 schrieb:
Warum dann also? Warum nur mußte ausgerechnet die faszinierendste und am weitesten entwickelte Lebensform, der er je begegnet war, gleichzeitig jene sein, die ihn in am derbsten nervte?
Also ich finde das sprachlich nicht hinnehmbar - "am derbsten nervte"...

[Tobbi];196951 schrieb:
Es zündeten nukleare Schläge massiven Ausmaßes über unseren Kolonien.
Hat ein wenig was von BSG, als weil's nur ein bisschen ist: nicht tragisch...


[Tobbi];196951 schrieb:
Lyrae Junction, Lem Town, Harp Star City... Mantle Prime.
Nicht Lem Town! :eek: :cry:

Der letzte Absatz des Teils vom 30.11., den Du editiert hast, ist schon beeindruckend.
Mal abwarten wie es weiter geht.
 
Ich gestehe. Anleihen zu BSG sind sowieso unübersehbar und teilweise aus meinem Gedächtnis 1:1 übernommen :D
Wer kanns einem bei der Szene auch verdenken?...

"am ärgsten an seinen Nerven zerrte?" Besser? Andere Alternativen?
 
„Mister Fillon... Gabe! Als langjähriger Berater und enger Freund genießen Sie mein uneingeschränktes Vertrauen. Aber seit ein paar Minuten – viel zu kostbaren Minuten - führen Sie sich auf, als wären sie ein anderer Mensch. Ich brauche sie aber bei Verstand!“
Der Präsident legte das Verhalten eines Mannes an den Tag, dessen Rücken mit den Problemen einer ganzen Welt beladen war - ein Mann, der keinen Deut Geduld hatte, sich mit Kleinigkeiten auseinanderzusetzen.
„Die derzeitige Situation verleiht mir Vollmachten... erschreckende Vollmachten. Zwingen sie mich nicht, sie einzusetzen. Sie müssen mir auf der Stelle beweisen, daß sie kein Sicherheitsrisiko für mich sind! Ansonsten...“
Noch hatte er die Züge seines Gesichtes unter Kontrolle, doch in seinen dunklen Augen flackerte bereits ungestümer Ärger.
In Gedanken gestattete sich Picard für einen Moment, der Perfektion der Inszenierung zu applaudieren. Speziell für das Kunststück, ihn in einen anderen Körper zu transferieren, ließ er sich von Q kurzen, bitteren Beifall abringen. Doch nicht mehr. Es war an der Zeit, daß Picard die Regie in diesem Schauspiel übernahm. Sein erster Akt konnte beginnen. Es war ein Sabotageakt.
In einem bemerkenswert gelassenen Tonfall und mit unerschütterlicher Ruhe im Blick begann er: „Bitte tun sie es. Bitte lassen Sie mich entfernen. Ich bin nicht der, für den Sie mich halten. Ich bin nicht ihr Berater Gabriel Fillon.“
Die Schläfen des Präsidenten zuckten, seine Nasenflügel bebten. Noch durchdrang seine Verwirrung nicht seine Wut.
„Ebensowenig sind sie Abner Key Dugan, der vierundfünfzigste Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, kurz vor dem Ausbruch des dritten Weltkrieges.“
Der Präsident heulte auf und ließ seine großen Fäuste auf die Tischplatte niedergehen. Er hatte etwas gebrüllt, doch die Worte waren vom Knall übertönt worden. Das Klirren schwankender Gläser und erschütterter Schreibutensilien hallte im hohen Raum wieder. Picard hatte kaum geblinzelt. Seine Mine blieb unbewegt. In jene des Präsidenten mischte sich hingegen jähe Hilflosigkeit. „Was sie reden, ist Wahnsinn. Völliger Wahnsinn. Himmel, Gabe...“
Seine Stimme war kaum mehr als ein Raunen. Picards Stimme hatte indes nichts von ihrer Unbeirrbarkeit verloren, und so fuhr er fort, als wäre nichts geschehen: „Es ist wahr. Dies alles ist ein Trugbild, das Werk eines mächtigen, außerirdischen Wesens namens Q. Und wenn sie bei Verstand sind, Q, dann beenden Sie diese Narretei. Unverzüglich. Denn ich werde nicht ihre Labormaus sein. In der Tat werde ich das Labyrinth nicht einmal betreten.“
Längst hatte sich der Secret Service wieder eingefunden, unvermeidbar alarmiert durch den Tumult.
Es nahm sich für den Präsidenten zwecklos aus, weiterzureden. Er wich dem Blick des Mannes aus, der vor Minuten noch sein Freund gewesen war. Und so wie Picard nicht mehr zu Dugan sprach, so redete Dugan nicht mehr zu Picard, sondern zu seinem eigenen Gewissen.
„Es bleibt mir keine Wahl. Die Zeit läuft uns davon. Was immer die Zukunft bereithält - für mich, und besonders für sie – vergeben sie mir, wenn es keine guten Dinge sind.“
Er schloss die Augen und drückte mit den Fingern auf seine Nasenwurzel. „Agent Rove. Kraft der mir verliehenen Notstandsvollmachten erteile ich ihnen den Befehl, meinen Berater Gabriel Fillon festzunehmen.“ Der Präsident seufzte, „Und, um Gottes Willen, finden sie etwas brauchbares heraus. Ich will erst unterrichtet werden, wenn sie wissen, was hier vor sich geht. Solange halten sie mir die Sache vom Hals.“
Rove nickte nicht einmal. Hinter seiner dunklen Brille schien sich nicht das geringste zu regen. Rasch war er bei Picard und legte ihm mit routinierten Bewegungen Handschellen an. Im festem Griff des Agents ließ sich der Captain wiederstandslos aus dem Raum dirigieren.

Kaum war die Tür hinter ihnen zugefallen, explodierte Roves stoische Fassade. Unter einem furcherregenden Schrei warf er Picard gegen die nächste Wand und presste seinen Unterarm in dessen Nacken. Er schnaubte. Sein heißer Atem streifte Picards Wange, als sein Mund dicht an dessen Ohr kam. Durch zusammengebissene Zähne presste er:
„Sie haben recht. Sie sind nicht Gabriel Fillon. Sie liefern mir jetzt einige Antworten: Wer oder was sind sie wirklich? Was haben sie über diesen Q zu sagen?“ Picard betrachtete im Augenwinkel das hagere Gesicht Roves. Es war von Wut verzerrt. Doch diese Wut war nur da, um seine Verwirrung, seine Unsicherheit zu maskieren. Dieses Gesicht verbarg noch mehr. Viel mehr.

„Das Kontinuum." zischte er, "Woher wissen sie vom Kontinuum?“
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Inhaltlich solide, stilistisch okay, wenn auch nicht besonders herausragend, was ich subjektiv etwa durch die mir manchmal etwas zu blumige Sprache belegen kann.

Ich schrieb, inhaltlich solide, aber der letzte Absatz baut schon noch mächtig Spannung auf!
 
Danke, danke. Ich habe mich noch nicht für die Leserschaft revanchiert, aber ich hole das nach...
 
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