Hier mal nen Bericht zum Warp Antrieb !
Von
Telepolis
Theoretisch unmöglich!
Thorsten Stegemann 21.03.2002
Portugiesischer Forscher dämpft die Hoffnung auf den Warp-Antrieb
Im Kino ist alles ganz einfach. Hier reicht ein einziges Wort des Captain ("Energie!") - und schon dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Doch in der Realität stellt sich die Lage ernüchternd anders dar. Obwohl Weltraumreisen mit Überlichtgeschwindigkeit selbst von seriösen Wissenschaftlern für die ferne Zukunft nicht gänzlich ausgeschlossen wurden, existieren sie bislang nur in der Theorie. Und wenn es nach Jose Natario vom portugiesischen Instituto Superior Técnico geht, sollen sie auch dort nicht mehr geduldet werden.
In der Fachzeitschrift
Classical and Quantum Gravity verweist Natario Miguel Alcubierres legendäre "warp-drive spacetime"-These ins Reich der Phantasie.
Alcubierre hatte 1994
behauptet, dass Weltraumreisen mit Überlichtgeschwindigkeit nicht nur möglich seien, sondern darüber hinaus noch im Einklang mit Albert Einsteins spezieller Relativitätstheorie stehen würden, der zu Folge sich kein Objekt schneller als das Licht bewegen kann, das im Vakuum rund 300.000 Kilometer pro Sekunde zurücklegt. Zu diesem Zweck bemühte Alcubierre den Begriff der "Raumzeit", der alle drei Raumdimensionen und obendrein noch die Zeitdimension umfasst. Um den Warpantrieb aktivieren und die unendlichen Weiten des Universums erforschen zu können, muss die Raumzeit vor einem Sternenschiff kontrahiert und hinter demselben gedehnt werden. Durch eine solche Raumkrümmung könnte die Raumzeit selbst bewegt werden und das Schiff, das an sich keine Lichtgeschwindigkeit erreicht, mit Überlichtgeschwindigkeit transportieren.
Alcubierres einziges Problem bestand - wie sollte es anders sein? - in der praktischen Umsetzung. Denn um den Raum zu krümmen, müsste der Warpantrieb gigantische Gravitationsfelder produzieren, deren Erzeugung das gesamte Universum in eine finale Energiekrise stürzen dürfte. Zu diesem Ergebnis kamen wenige Jahre später jedenfalls Mitchell Pfenning und Larry Ford an der
Tufts University in Medford, Massachussetts. Sie untersuchten Alcubierres durchaus faszinierendes Modell im Hinblick auf seine technische Realisierbarkeit und gelangten zu dem Schluss, dass eine Warpreise etwa zehn Milliarden mal mehr Energie verbrauchen würde, als die gesamte sichtbare Masse im Universum aufbringt.
Alcubierre beeindruckte das wenig, denn er wollte angeblich nur den Beweis liefern, dass Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit theoretisch möglich sind: "Außerdem gehen Ford und Pfenning von einem Raum aus, der zuvor nicht gekrümmt ist, und wir wissen noch zu wenig über die Quantengravitation - vielleicht kann die ja helfen."
Nun kommt man mit "vielleicht" in der wissenschaftlichen Welt auf Dauer nicht weiter, und so konzentrierte sich Jose Natario gar nicht erst auf die Diskussion über eine reale Umsetzung der filmreifen Ideen. Seiner Meinung nach halten schon die theoretischen Grundlagen Alcubierres keiner ernsthaften Überprüfung stand.
Natario ließ in seiner Untersuchung eine virtuelle Blase durch den virtuellen Weltraum schießen und versuchte anhand der Berechnungen seines Kontrahenten herauszufinden, ob sich der Warpeffekt, selbst wenn alle von Alcubierre geforderten Grundbedingungen vorausgesetzt sind, überhaupt bilden würde. Überflüssig zu erwähnen, dass seine Antwort "nein" lautete, denn Natarios Untersuchungen, die sich fachspezifisch um ein "vector field X in Eucledian 3-space" drehten, ergaben schlussendlich , dass eben dieser Warpeffekt unter vergleichbaren experimentellen Konditionen nicht zwangsläufig auftreten muss. Außerdem könne man nicht von einer Konstanz der erzeugten Raumzeit ausgehen, da dieselbe von bislang unkalkulierbaren Faktoren wie den sagenumwobenen "infinite blue-shifts" nachhaltig beeinträchtigt werde.
Lange Rede, kurzer Sinn: Bis unsere Nachkommen am Steuerpult eines Raumschiffes sitzen und mit Klingonen, Romulanern oder Ferengi friedenserhaltende Kooperationsverträge aushandeln können, dürfte noch das eine oder andere Jahr ins Land ziehen. Gleichwohl ist die Überwindung der Lichtgeschwindigkeit längst kein Tabuthema mehr.
Noch heute diskutiert die Fachwelt, ob und wie es dem Kölner Physikprofessor
Günter Nimtz und seinem Assistenten Achim Enders gelungen ist, erst simple Mikrowellen und dann sogar Mozarts grandiose G-Moll-Symphonie durch Tunnelkonstruktionen und mit beträchtlichem Datenverlust, aber immerhin auch mit 4,7facher Lichtgeschwindigkeit zu transportieren. Und dann waren da auch noch die Forscher vom NEC-Institut in Princeton, die ein Gas aus kalten Cäsium-Atomen entwickelten, in dem die ausgestrahlten Lichtimpulse dramatisch schneller vorankamen als im von Albert Einstein beschriebenen luftleeren Raum (
Speed me up Scotty!).
Aber was ist erst von
Sougato Bose und Dipankar Home zu halten, die beweisen wollten, dass jenes von der "Enterprise" sattsam bekannte "Beamen" ohne jede Beschränkung durch das Phänomen der Lichtgeschwindigkeit nicht nur prinzipiell möglich ist, sondern sogar mathematisch und physikalisch begründet werden kann? Vor nicht allzu langer Zeit einigten sich die beiden Inder zwar darauf, dass der nahtlose Weltraumtransport von Materie ausgeschlossen sei, dieser Umstand aber keine Auswirkung auf die Übertragung von Quantenzuständen physikalischer Teilchen auf willkürlich weit entfernte identische Teilchen habe. Zu diesem Zweck müssten schließlich nur die quantenmechanischen Wellenfunktionen der beiden Objekte verschränkt werden.
Albert Einstein fand dafür noch den Begriff der "spukhaften Fernwirkung". Ob Jose Natarios akribische Berechnungen die Wissenschaft auf Dauer daran hindern werden, dem Spuk ein physikalisch erklärbares und praktisch umsetzbares Ende zu bereiten, muss vorerst abgewartet werden.