Also positiv sehe ich, dass die Folge tatsächlich ein bißchen Handlung hatte. Sicher, bei einer TNG- oder DS9-Folge hätte man innerhalb von 45 Minuten noch das Monster unschädlich gemacht, die Differenzen zwischen Burnham und Stamets beigelegt, herausgefunden, was auf dem anderen Schiff schief gegangen ist, das "Komplott" aufgedeckt und schließlich Captain Lorca auf den rechten Weg zurückgeführt/ oder des Dienstes enthoben. Möglicherweise hätte sich sogar noch herausgestellt, dass es gar kein Monster, sondern nur ein unverstandenes Wesen war. Aber daran, dass eine zusammenhängende Serie leider nur eine geringe Handlungsdichte hat, müssen wir uns wohl gewöhnen.
Auch eine durchaus interssante Idee ist der Konflikt zwischen Lorca und Stamets. Blöd ist nur, dass das wieder nicht gut umgesetzt wurde. Stamets kommt einfach nur unsympathisch rüber - obwohl er inhaltlich womöglich recht hat, was wirklich eine sehr gute Basis hätte sein können. Darüber hinaus erfahren wir ja im Prinzip überhaupt nicht, worum es wirklich geht, nur, dass es wohl unterschiedliche Meinungen dazu gibt.. wozu auch immer!
Absehbar ist wohl, dass Burnham - nachdem sie im Prolog vollkommen ungerechtfertigt gemeutert hat - nun wahrscheinlich auf der Discovery in eine Situation gerät. wo eine Meuterei die einzig richtige Handlungsweise sein dürfte. Diese Ambivalenz ist sicher eine interessante Idee - für eine Folge oder Doppelfolge durchaus eine passable Ausgangsposition; es auf eine ganze Staffel auszudehnen... na ja. Vielleicht versauen sie es ja sogar soweit, dass sie es klar darauf zuspitzen, dass auf der Discovery eine Meuterei die einzig richtige Handlungsweise sei und Burnham sich dann weigert, zu meutern, weil das ja beim letzten Mal so schief gegangen ist. Schließlich "lernt" man ja aus seinen Fehlern - und manch einer kommt aus einem Ereignis halt auch dümmer heraus als er vorher war.
Saru fand ich in dieser Folge deutlich interessanter als im Prolog. Das liegt sicherlich daran, dass er nicht mehr so viel seine mangelhafte biologischen Ansichten über die eigene Spezies äußert, sondern vielmehr Klartext redet über seine Einstellung gegenüber Burnham.
Lorca fand ich bisher noch recht blass. Beeindruckend ist, dass die Serie die düstere Atmosphäre der Serie auf Lorcas Augenprobleme schiebt. Der Captain hat Probleme mit seinen Pupillen, dann müssen wir nun alles im Halbdunkeln belassen. Ich hatte mich ja immer gefragt, warum in dystopischer SciFi die Beleuchtung immer auf einem Niveau gehalten wird, bei dem die vorgesehenen Aufgaben quasi kaum machbar sind - nun wissen wir es.
Wo wir gerade von Licht und Schatten sprechen: die "LensFlares" bei Auftauchen der Discovery waren wieder mal vollkommen übertrieben. Das sollte womöglich ein Mittel sein, damit man nicht direkt sieht, dass es sich um die Discovery handelt oder dass man Schwächen im Design nicht so leicht sieht... kurz gesagt: einfach scheiße gemacht.
Die Erkundung des Schwesterschiffes hingegen wurde dann meiner Meinung nach viel zu dunkel dargestellt, insbesondere ab dem Zeitpunkt, wo das Monster auftaucht. Ja, ist sicherlich ganz toll, für eine Horroszene eine dunkle Beleuchtung zu wählen. Da das Außenteam aber weiß, dass es zur Erkundung unterwegs ist, würde man erwarten, dass sie auch ordentlich vorbereitet sind und für passende Beleuchtung sorgen. Dass das Außenteam in dem Moment, wo es interessant wird, auch noch plötzlich vergisst, wie man eine Taschenlampe bedient, hilft nicht gerade, um sich ernsthaft in die Handlung reinzuversetzen.
Tilly ist irgendwie nervig. Sie soll wohl einen recht begabten Sonderling darstellen; ich bevorzuge dabei, wenn man das begabt auch irgendwie sieht. Ich mochte daher Wesley, der war zwar auch mitunter etwas merkwürdig, aber er hat auch explizit GEZEIGT, dass er was kann statt sich selbst über den Klee zu loben. Tilly hingegen zeigt bisher keine große Begabung, ganz im Gegenteil: z. B. ihre leicht durchschaubare Lüge mit den personalisierten Stationen.
Leute, über die nur gesagt wird, dass sie was können oder die das gar nur selber sagen, sind mir hingegen zutiefst unsympathisch. Das ist ganz einfach zu begründen: Auch die größten Volldeppen halten sich für unglaublich klug. Trump sagt z. B., dass er extrem klug sei[1], er "kennt Worte. [Er] verwendet nur die besten Worte".[2] Und seine Reden sind so gut, dass er sie immer einleitet mit "Ich halte heute eine supertolle Rede.", denn von sich aus würde ein Zuhörer Trumps Reden mit Sicherheit nie in die Kategorie "supertoll" einordnen. Leute, die tatsächlich klug sind/etwas können, müssen das in der Regel niemandem auf die Nase binden.
Kurzum: Bisher ist Tully für mich nur eine zickige Schnackerin, die eher unterdurchschnittlich intelligent wirkt. Ihre Zitate wirken - aus dem Kontext der Serie herausgenommen - auch sehr einfältig: "Wow, ist das ein Buch?", "Ich werde irgendwann einmal Captain!" Klar, wenn Forrest Gump es auch kann, warum nicht!* Da haben die Autoren leider wieder versagt.
Commander Landry... bisher keine Charakterisierung möglich.
Absurditäten:
- Lorca hat den Tod der Shuttle-Pilotin vom Anfang absichtlich herbeigeführt, das schert aber keinen?
- Waren die Viecher, die das Shuttle befallen haben, jetzt eigentlich die gleichen, an denen Lorca forscht? Oder hat das SFX-Department nur eine einzige Animation für Kleinstlebewesen vorrätig?
- Lorcas Familienbetrieb (Glückskeks-Manufaktur?!) ist insolvent gegangen, weil es keine Hungersnöte mehr gibt!? Ist den Machern von Discovery klar, was Glückskekse sind? Denken die, dass der Hauptabsatzmarkt von chinesischen Glückskeksen Verhungernde sind?
- Dann muss man wahrscheinlich froh sein, dass nicht Michelle Yeoh/Jason Issac die Rollen getauscht haben. Wenn Michelle Yeoh am Ende die Szene mit dem Glückskeks mit Burnham gespielt hätte, wäre das stereotypisch geradezu rassistisch gewesen. "Wollen sie wissen, wie Ihre Zukunft aussieht?" *reicht Glückskeks*
- Auf Lorcas Schreibtisch sitzt ein Tribble rum, der scheint die Glückskekse nicht zu mögen, sonst wäre sein Büro wohl sehr schnell sehr viel felliger... Tribbles auf Sternenflotten-Schiffen gehören genauso wenig in diese Zeit wie klingonische Tarnvorrichtungen!
- Lorca ist nach T'Kuvma im Prolog schon der zweite Antagonist(?), der Sterne im Auge hat. Ist das das neue Erkennungsmerkmal von Antagonisten?
- Das Ende mit Lorca und dem "Monster" empfand ich als extrem lächerlich. Züchtet er nun Monster für den Kampf gegen die Klingonen?
- Atemabdruck? Oh man.
- Bzgl. des Arbeitsbereichs: Diese Art von Barhocker, auf dem Stamets in seinem Arbeitsbereich sitzt, ist bestimmt gut, um darauf stundenlang zu arbeiten. Bei so einer minderwertig bestückten Station ist es dann wohl doch kein Wunder, dass Stamets so unleidlich gegenüber anderen Leuten ist.
- Lorcas Tisch im Bereitschaftsraum hat gleich gar keinen Stuhl - man steht am Tisch!? Die Setdesigner haben wohl wirklich nur geschaut, was für die Szenen in Ordnung aussieht und sich absolut keinerlei Gedanken gemacht, ob das Set auch real für die instory-technisch vorgesehene Arbeit geeignet ist. Wie soll man sowas ernstnehmen?
- "Ein Föderationsschiff ist wie das andere... hoffe ich!" Nein, aber bei Schwesterschiffen stimmt es wohl oft. Entsprechend: Extrem merkwürdige Formulierung.
- Inhaftierte, die vorher in der Sternenflotte dienten, tragen während der Inhaftierung weiterhin ein Sternenflotten-Abzeichen, werden aber ansonsten mit "gewöhnlichen" Inhaftierten zusammen weggesperrt/transportiert!?
- "... hat meine Pflegemutter es mir und ihrem Sohn vorgelesen. Sie und ich waren die einzigen Menschen im Haus!" Dann gilt ein Halb-Mensch also wohl nicht?
- Zusammenfassung der Szene mit Burnham und Lorca gegen Ende:
Burnham: "
Captain, Sie führen illegale Experimente mit Biowaffen durch! Sie machen sich schuldig gegen Dutzende Föderationsgesetze!"
Lorca: "
Nein, nein. Ich kann Ihnen auch ganz genau beweisen, dass ich nichts Böses tue. Aber zuerst: Gehen Sie bitte in die Biowaffen-Experimentierkammer!"
...
Burnham: "
Ok, klar! Ich sehe absolut keinen Grund, warum das eine schlechte Idee sein könnte!"
- Reist Burnham in der Szene wirklich zu den verschiedenen erwähnten Planeten, während Lorca weiter mit ihr redet oder sind das nur Projektionen oder... was sollte das?
Man mag es kaum glauben, aber ich fand die Folge gar nicht mal so uninteressant. Um auf einen ordentliches Niveau zu kommen, muss die Serie aber immer noch deutlich zulegen. Bisher führt immer noch deutlich
The Orville! Da freue ich mich auf die nächste Folge mit Oscar-Preisträgerin Charlize Theron.
Live long and prosper,
Vulcan
PS: * Forrest Gump wurde nur Sergeant bei der Army, aber vielleicht kennt Tilly bereits den zweiten Teil.
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[2]