Kurze Zusammenfassung meines Reviews: "Abrams Trek 2: Into Darkness" ist deutlich besser als "Abrams Trek 1", lässt aber immer noch viel Raum nach oben.
Dieser Beitrag enthält Spoiler bezüglich des Filmendes!
"Abrams Trek 1" hatte viele Fehler. die nicht nur die Beschriftung "Star Trek" zu einem Betrug machten, sondern darüber hinaus nachhaltig verhindern, dass man den Film als passabel oder gar gut bezeichnen kann, darunter exemplarisch z.B.:
- Das Fehlen einer philosophischen und/oder moralischen Fragestellung.
- Das Fehlen einer neuen Idee, es ist inhaltlich nichts Neues/Interessantes in dem Film.
- Das Fehlen einer ausgewogenen Geschlechter-/Rassen-Verteilung in den wichtigen Rollen.
- Eine langweilige Handlung über eine simple gut-böse Charakterisierung.
- Dabei ein Bösewicht, dessen Motivation kaum nachvollziehbar ist und der kein bißchen überzeugen kann - verstärkt durch das Problem sehr geringer ScreenTime.
- Physikalisch Schwachsinniges und dümmliche Terminologien ("Rote Materie").
- Misslungene Versuche, Bezüge zu alten Star Trek-Geschichten einzubauen ("Centauri-Schnecke", "Klingonische Warbirds", "Kobayashi Maru", "Adm. Archers Beagle")
- Das Design der Außerirdischen war in Bezug auf ein 140 Mio $-Budget absolut - entschuldigt den Ausdruck - beschissen! Die Romulaner als schlichte Glatzköppe mit Tatoo darzustellen, ist in einer FanProduktion ohne Geld akzeptabel, aber nicht bei so einem Budget.
- Dummes Geschwafel von Schicksal
- Das Fehlen jedweder moralischer Regeln, nach denen sich die Charaktere (gerade die Starfleet-Mitglieder) richten
- Die Voraussetzung, einen Comic gelesen zu haben, damit zentrale Handlungselemente des Filmes Sinn ergeben ("all mighty Bergbauschiff").
- Handlungs- und Logikfehler
- Kaschieren von Handlungsschwächen durch übermäßige Verwendung von Actionsequenzen und CGI-Exzessen
- Kaschieren von CGI-Fehlern über wackelnde und schnell umherschwenkende Kameras.
- Lense Flares.
Die Liste könnte man natürlich noch lange fortsetzen.
Der Rest dieses Beitrags enthält Spoiler. Wie in der Thread-Eröffnung vorgeschlagen, werden keine Spoiler-Schilder verwendet, da ein Review naturgemäß Spoiler enthält.
Entsprechend bin ich mit extrem geringen Erwartungen an den neuen Film herangegangen. Und tatsächlich behält "Abrams Trek 2: Into Darkness" die ersten drei und letzten drei der Punkte von obiger Beispiel-Liste unverändert bei, verbessert sich aber (teilweise signifikant) bei den weiteren Punkten:
- Die Anzahl und das Ausmaß der Handlungs- und Logikfehler wurden verringert, wenn sie teilweise auch noch deutlich präsent sind - auf physikalisch Schwachsinniges wird im Wesentlichen verzichtet.
- Die Motivation der Beteiligten (insbesondere der "Bösewichte") ist nachvollziehbar und wird klar benannt, der Film bietet ihnen auch genug ScreenTime, damit sie als Gegenspieler interessant werden. Sowohl Harrison als auch Marcus haben eine klare, nachvollziehbare Motivation. Auch wenn man ihre Einschätzungen nicht teilt, ihre Handlungsweisen nicht gutheißt, ist sie doch jeweils nachvollziehbar. Das ist eine signifikante Verbesserung gegenüber "Abrams Trek 1".
- Entsprechend wird hierdurch auch die Handlung aufgewertet, da eben keine reine schwarz-weiß-Malerei vorliegt. Auch die "Helden" müssen hier zweimal überlegen, um nicht unverhofft auf der "bösen" Seite zu stehen, weil die Gegenspieler mal nicht mit Uniformen herumlaufen, auf denen bereits "EVIL" gedruckt steht.
- Auch entspinnt sich hieraus tatsächlich, dass zumindest ein Charakter aufsteht und nicht wortlos akzeptiert, was vorgeht. Während die Neuinterpretation von Scottys Charakter im ersten Teil wie ein nerviger Nerd-Archetyp wirkt wie man ihn aktuell dutzendweise in Filmen sehen kann, bekommt er nun etwas mehr Würze. Scottys Weigerung, blindlinks Befehlen Folge zu leisten bildet einen wohltuenden Kontrast zum ersten Teil, in dem z.B. die gesamte Brückenbesatzung wort- und tatenlos zusieht, wie Spock Kirk erwürgt.
- Positiv ist in der Hinsicht auch, dass der Bösewicht am Ende nicht getötet wird, allerdings sehe ich da zwei Einschränkungen: Einerseits wirkt es etwas so, als ob er nur nicht getötet wird, weil man sein Blut braucht (warum die anderen Augments dafür nicht taugen, wird leider nicht gesagt). Andererseits tötet man ihn zwar nicht, lässt ihn aber auch nicht weiterleben. Ihn wieder in Cryo-Stase zu stecken, kann wohl letztendlich nur bedeuten, dass man ihn einfriert, bis man ihn wieder "braucht", was den Kommentaren der Autoren zufolge wohl in "Abrams Trek 3" sein dürfte.
- Statt dem dummen Geschwafel über Schicksal erklärt Pike Kirk dieses Mal, dass es so etwas wie Verantwortung gibt - das ist schon mal deutlich erwachsener.
- Die einzige Info aus dem Comic, die man im Film brauchen konnte, war wohl, woher das Waffenschmuggler-Shuttle kam. Es war also nicht notwendig für die Film-Handlung.
- Die Anspielungen auf vorherige Star Trek-Geschichten funktionieren dieses Mal recht gut; teilweise sind sie natürlich sehr stark, so dass man mitunter sogar "Abrams Trek 2" als Remake von "Star Trek II" bezeichnen kann, das zwar nicht auf selbe Augenhöhe zum Original kommt, aber dennoch ganz passabel ist.
- Das Design der Außerirdischen ist besser als im ersten Teil. Zwar sehen die Klingonen nicht so gut aus wie in TNG oder den alten Filmen. Und auch stört es, dass sie fast durchgängig ihre Helme aufhaben, als ob man die Zeit mit den teuren CGI-Effekten für ihre Stirn möglichst minimieren wollte. Aber sie sehen deutlich besser aus als die Romulaner im ersten Teil.
Insofern ist "Abrams Trek 2: Into Darkness" also auf allen Gebieten eine klare Verbesserung gegenüber "Abrams Trek 1". Es ist zwar immer noch kein Star Trek, insbesondere, weil die ersten drei Punkte der Liste weiterhin nicht erfüllt sind, aber man muss sich als Star Trek-Fan nun nicht mehr ganz so stark schämen für das, was aktuell als "Star Trek" verkauft wird.
Im Weiteren möchte ich erwähnen, dass das, was ich als Anspielungen (oder Rip-Off) von Star Wars empfunden habe, sehr nervig war: der Androide auf der Brücke, der scheinbar von Lando geklaut wurde und die Kampfszene auf den "fliegenden Autos" kam mir doch auch sehr bekannt vor.
Nun weiß ich ja, dass die Leute in Hollywood denken, dass mit Filmen mit einer tatsächlich neuen interessanten Idee oder gar eine philosophisch-moralischen Fragestellung kein Blockbuster-Erfolg zu machen ist. Mein nächster Wunsch wäre aber zumindest, dass im nächsten Film ein wenig auf mehr Diversität geachtet wird. Es wäre doch schön, wenn der Film zumindest den "Bechdel Test" bestehen würde oder wenigstens Uhura und Marcus mehr als nur "Love Interests" wären oder sonst ein zentraler Charakter des Films kein weißer Mann wäre.[1]
Insgesamt bekommt der Film von mir 6/10 Punkten (auf der allgemeinen FilmSkala. nicht der StarTrekSkala).
In der Star Trek-Reihe kommt er natürlich nicht annähernd an II, IV, VI, VIII oder IX heran, er ist aber wie gesagt deutlich besser als "Abrams Trek 1".
Für ein genaueres Bild möchte ich es nun erstmal ein wenig sacken lassen und ein zweites Mal schauen - z.B. bin ich mir nicht so sicher, dass alle Zuschauer die selbe Meinung darüber haben, wer die Torpedos gefüllt hat, bevor sie auf die Enterprise verladen wurden; nun möchte ich mal schauen, ob das am Film oder an den Zuschauern liegt.
Live long and prosper,
Vulcan
[1]
http://entertainment.slashdot.org/story/13/05/17/1847252/review-star-trek-into-darkness