Stanislaw Lem - Transfer

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Max

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Stanislaw Lem - Transfer

Science-Fiction-Roman, (Orignal von 1961), dtv, München / claasen Verlag, Düsseldorf, 1981; ISBN 3-423-10105-9

Inhaltsbeschreibung:
Nach einer zehnjährigen Weltraumexpedition kehrt Hal Bregg auf die Erde zurück. Dort sind inzwischen mehr als 100 Jahre vergangen und er sieht sich einer völlig veränderten Gesellschaft gegenüber gestellt. Bregg, leistungswillig und impulsiv ist in dieser gewaltlosen Welt zum Anachronismus geworden. Seiner Meinung nach zahlte die Menschheit einen hohen Preis für dieses Utopia...

Kommentar: In "Transfer" bleibt Lem seinem prägnanten Schreibstil treu. Eindrucksvoll ist seine Akzentsetzung bei der Beschreibung der zuküftigen Welt, die neben der naiven Schilderung aus dem staunenden Protagonisten heraus auch mit einer imposanten poetischen Erzählkraft ausgestattet ist.
Lem widmet sich in "Transfer" hoch brisanten gesellschaftlichen Themen und es gelingt ihm Mentalitätsveränderungen der Menschheit zu veranschaulichen, wenn er beschreibt, was man zugunsten des 'Paradises' womöglich aufgibt, ohne dass man es als Verlust empfindet.
Es ist die Stärke des Romans, diesen Konflikt herauszustellen und in einer Person zu bündeln, die, quasi in die Zukunft versetzt, schließlich an sich selber - zwischen Opposition und einer grotesken Liebe zu einem Mädchen dieser Gesellschaft - zu zerbrechen droht.


Pressestimmen: "Der wohl brillanteste Autor der gegenwärtigen Science-Fiction" - Der Spiegel
"Kein anderer Schriftsteller der Gegenwart bereitet uns auf die kommenden ungeheuren Umwälzungen in Technik, Wissenschaft und Gesellschaft besser vor als Stanislaw Lem." - Münchner Merkur.

"[...] es ist ebenso paradox wie plausibel, daß in allen diesen Romanen [wie Transfer, Eden oder Solaris] Menschen an die Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis stoßen oder die Sinnlosigkeit von technisch Machbarem erfahren, und jedesmal zeigt Lem, wie der Mensch den Fehler macht, sich selbst auf das Universum zu projizieren, und wie ihm doch nichts anderes übrig bleibt; fast in jedem dieser Bücher versucht jemand, den Kontakt zu dem Fremden, Unbegreiflichen zu erzwingen - und scheitert dabei." - Erik Simon



Fazit: Das Buch ist ein wenig älter - das zeigt sich ab und an im Sprachstil (bei direkter Rede; darüber hinaus liebt Lem scheinbar die Nutzung des Diminutivs), doch die Geschichte ist in jeder Zeit hoch brisant und besitzt Anspruch.
Lem könnte vielen ein Begirff sein, nicht zuletzt weil sein Name vor kurzer Zeit in den Medien anläßlich seines Todes fiel. Bekannt ist zudem die Verfilmung seines Romans "Solaris" mit George Clooney in der Hauptrolle 2001 oder 2002.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mir hat das Buch sehr gefallen, wenngleich die ersten Seiten wirklich unlesbar sind meiner Meinung nach.
Er versucht da mit Worten zu umschreiben, was nicht umschreibbar ist. Die Eindrücke die Hal am Bahnhof sammelt, sind ein Overflow an Sinneseindrücken. Lem wollte hier die Fremdartigkeit der neuen Technologien und Menschen zeigen und wie hilflos man als "Rückkehrer" doch ist.
Das hat sich furchtbar lesen lassen, das macht wirklich keinen Spaß. Da musste ich wirklich kämpfen und auf Besseres hoffen. Ein paar Rückfälle mit seitenlangen Beschreibungen von irgendeiner seltsamen Technologie gab es dann doch immer wieder.
Vielleicht habe ich da einfach nicht die Kreativität für solche Beschreibungen, aber mit der Zeit ist das anstrengend und ermüdend.

Das eigentliche Thema des Buches ist gut umgesetzt.
Hal wird immer tiefer gesogen in seine Hilflosigkeit bis er am Schluss dann erkennen kann, was wirklich zählt.
Den Plot mit Eri finde ich ziemlich schlecht ehrlich gesagt. Man versteht nicht, warum er das macht und die Gespräche zwischen den beiden bestehen nur aus einzelnen Wörtern, die abgehackt wohl irgendeinen Sinn ergeben sollen. Das hat mir nicht gefallen.

Die Beschreibungen seiner Fahrt und den Ereignissen waren gut und ein paar Schockmomente gibt es auch. Wenn er davon erzählt, wie er und die anderen Piloten im Angesicht der Sterne um ihr Leben gekämpft haben dann ist das packend. Hat mich auch an Sunshine erinnert.

Ich hab jetzt mehr die negativen Seiten vom Buch aufgelistet, aber alles in Allem war es doch interessant zu lesen.
Die Betrisierung und noch ein paar andere Technologien werden wir bestimmt noch in Science-Fiction Filmen wiederfinden (oder haben es schon).

Auf eins möchte ich noch hinweisen:
Lem's Solaris mit George Clooney war nur das Remake des ansonst viel besseren Originals.
 
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Das Buch hat Amazon doch nicht mehr im Angebot,
verdient das Forum denn auch bei Verkäufen über Dritte mit ?
 
Danke für Deinen ausführlichen Beitrag, sesam :thumbup:
Eins wollte ich Dich noch fragen: Wie bist Du auf dieses Buch gekommen? Lem wird ja inzwischen nicht mehr häufig gelesen, scheint mir...


Mir hat das Buch sehr gefallen, wenngleich die ersten Seiten wirklich unlesbar sind meiner Meinung nach.
Er versucht da mit Worten zu umschreiben, was nicht umschreibbar ist. Die Eindrücke die Hal am Bahnhof sammelt, sind ein Overflow an Sinneseindrücken. Lem wollte hier die Fremdartigkeit der neuen Technologien und Menschen zeigen und wie hilflos man als "Rückkehrer" doch ist.
Das hat sich furchtbar lesen lassen, das macht wirklich keinen Spaß. Da musste ich wirklich kämpfen und auf Besseres hoffen. Ein paar Rückfälle mit seitenlangen Beschreibungen von irgendeiner seltsamen Technologie gab es dann doch immer wieder.
Ja, zunächst muss ich sagen, dass es solche Phasen bei Lem immer wieder gibt. Und zwar nicht nur bei seiner Sci-Fi, sondern auch bei "Der Schnupfen".
Desweiteren ist es aber auch wirklich als Absicht Lems anzusehen, den Leser damit (heraus) zu fordern. So was gibt es ja immer wieder, natürlich vermehrt bei modernen Autoren. Ecos Modell des mitarbeitenden Rezipienten ziehlt schon auch auf solche Bücher, in denen Phasen gibt, die den - sagen wirs ruhig - Leser anstrengen.
Bei Lem kann man sich aber der Motivation im Hintergrund gewiss sein, das zeigt sich, wie Du es ja auch schreibst, auch in "Transfer".
Die Versuche, das Unbegreifbare begreifbar zu machen, stehen bei ihm halt oft im Vordergrund.

Die Betrisierung und noch ein paar andere Technologien werden wir bestimmt noch in Science-Fiction Filmen wiederfinden (oder haben es schon).
Am Besten wäre es in jedem Fall, wenn man "Transfer" selbst einfach mal verfilmen würde. Es gäbe schlechtere Vorlagen, die den Weg auf die Leinwand fand.


Auf eins möchte ich noch hinweisen:
Lem's Solaris mit George Clooney war nur das Remake des ansonst viel besseren Originals.
Ja, ich habe auch gehört, dass der gut sein soll, wobei ich (1) ihn noch nie irgendwo entdeckt habe und (2) ganz froh bin, dass die neue Version von "Solaris" so ist, wie sie ist, denn es hätte schlimmer kommen können.
PS: Ich les' grad das bei imdb; was haben Kelvins Eltern da verloren. Ich habe das Buch noch relativ gut im Kopf und da kamen beide schon mal nicht vor...
 
Auf das Buch bin ich mehr durch Zufall gekommen. Wie genau es dazu kam, weiß ich gar nicht mehr. Ich denke es war damals als Reaktion darauf, dass ich endlich die russische Originalversion von Solaris auf DVD gefunden habe.
Dann wollte ich mehr von Lem.
Das Problem mit den auflagenschwachen Drucken seiner Bücher hab ich einfach weitergegeben, indem ich es mir von meiner Schwester schenken ließ :D.
Als nächstes ist jetzt Der Unbesiegbare von ihm dran. Da stell ich dann gerne auch eine Rezension hier rein.

Transfer wird meiner Meinung nach so schnell nicht verfilmt werden können.
Das Remake von Solaris ist nicht gut angekommen beim Publikum und es müssten bestimmt einige Details geändert werden am Buch, damit es zeitgemäß wirkt. Der muskulöse Hal Bregg passt nicht auf die Leinwand und auch so manche Zukunftsvision von Lem ist einfach schon überholt, damit werden keine Kino-Jünger mehr hinter dem Ofen hervor gelockt.

Solaris hab ich schon lange nicht mehr gesehn...die Eltern kamen nur in den ersten Szenen vor. Das kann ich dir jetzt auch nicht so genau erzählen.
Das Original hab ich damals bei ebay erstanden, das gibt es dort immer wieder mal.
Bei IMDb hat mir besonders die folgende Trivia gefallen:
The extended scene following Berton as he rides back to the city was filmed in Osaka and Tokyo. Foreign travel was not easily approved, and the reason this long scene was left in the movie was probably to justify that trip for the director and crew. A Japanese city circa 1970 may not look very futuristic to modern audiences, but its impression on Soviet viewers at that time of the film's release was probably quite different. Tarkovski's diary reveals that they just missed the World's Fair, and they may have planned to shoot footage at it that would have looked far more futuristic.
Sowas hat doch viel mehr Charme als George Clooney. ;)
 
Als nächstes ist jetzt Der Unbesiegbare von ihm dran. Da stell ich dann gerne auch eine Rezension hier rein.
Sehr gerne :thumbup: Ich habe noch ein paar Bücher von ihm nicht gelesen und wüsste gerne, mit welchem ich fortfahren soll. Momentaner Favorit wäre eigentlich "Fiasko".
Besonders interessiert wäre ich ja auch an einer Einschätzung zu "Eden", aber ob Du das gelesen hast...?

Transfer wird meiner Meinung nach so schnell nicht verfilmt werden können.
Das Remake von Solaris ist nicht gut angekommen beim Publikum und es müssten bestimmt einige Details geändert werden am Buch, damit es zeitgemäß wirkt. Der muskulöse Hal Bregg passt nicht auf die Leinwand und auch so manche Zukunftsvision von Lem ist einfach schon überholt, damit werden keine Kino-Jünger mehr hinter dem Ofen hervor gelockt.
Natürlich müsste man es etwas anpassen, aber solange die Grundidee gut und ansprechend transportiert wird, wäre das auch in Ordnung. Dass Bregg kein Handtuch ist, wird im Buch ja aber auch plausibel erläutert und da das Konzept viele philosophische Aspekte in sich trägt, besteht grundsätzlich auch gar nicht die Gefahr des Abgleitens in übermäßige Action.
Man sollte es mal einen Produzenten-Team vorschlagen.

Solaris hab ich schon lange nicht mehr gesehn...die Eltern kamen nur in den ersten Szenen vor. Das kann ich dir jetzt auch nicht so genau erzählen.
Das Original hab ich damals bei ebay erstanden, das gibt es dort immer wieder mal.
Bei IMDb hat mir besonders die folgende Trivia gefallen:

Sowas hat doch viel mehr Charme als George Clooney. ;)
Naja, sagen wir mal es hat einen großen medial-zeitgeschichtlichen Reiz.
Eine grüßere gefühlte Nähe zur Vorlage lese ich hier allerdings nicht heraus.
Auch wenn ich schlecht über einen Film urteilen kann, den ich nicht gesehen habe, begrüße ich die Clooney-Verfilmung dennoch schon mal ausdrücklich, denn schließlich bleibt der Film der Atmosphäre ziemlich treu und eröffnete dem Genre auch einen größeren Zuschauerkreis.
 
Als nächstes ist jetzt Der Unbesiegbare von ihm dran. Da stell ich dann gerne auch eine Rezension hier rein.
Habe vor kurzem mit dem Buch angefangen und bin bislang etwas enttäuscht. Irgendwie werden Erinnerungen an "Eden" wach und der Schreibstil überzeugt mich nicht vollständig.
"Solaris" gilt ja sozusagen als Lems Referenzwerk, mich aber hat "Fiasko" (eine Kleinrezension .: hier :.) beeindruckt wie kaum ein zweites Buch in den letzten Jahren.
Aber wenn selbst dort, bei "Fiasko", die ersten 70 Seiten wenig mehr als langweilig waren, dann verzeihe ich auch dem "Unbesiegbaren" gerne die womöglich träge Einleitung, solange der Rest nur dafür entschädigt.
 
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Gut, dass du mich nochmal daran erinnerst...da war doch noch was .;)
Ich hab mit Der Unbesiegbare angefangen, dann gings mir so wie dir. Erstmal Enttäuschung und dann hab ich die Geduld verloren. Ich bin leider nicht weit gekommen.

Wenn ich wieder in Deutschland bin dann schnapp ich mir das Buch wieder und versuch es zum zweiten Mal.
 
Gut, dass du mich nochmal daran erinnerst...da war doch noch was .;)
Ich hab mit Der Unbesiegbare angefangen, dann gings mir so wie dir. Erstmal Enttäuschung und dann hab ich die Geduld verloren.
Es ist doch ziemlich erstaunlich, wenn sich Buch und Autor dennoch durchsetzten ;)
Na ja, ich hab auch schon gutes von diesem Roman gehört, deswegen scheint es wiederum ein Fall von "die Arbeit lohnt sich" sein könnte.

Ich schiebe die Art des Anfangs auch auf die Entsstehungszeit.
1964 war die Raumfahrt und alles was damit zusammenhängt halt noch was ganz anderes.
Allein schon die Beschreibung der Technik und des fremden Planeten besaß da wohl noch eine ganz andere Ausstrahlung und Faszination.
 
Eine Leseprobe:

Stanislaw Lem schrieb:
Irgendwas davon begriff ich bereits: ich hatte mich wahrscheinlich ungewollt an ihren Tisch gesetzt, als sie nicht da war, vielleicht tanzte sie da gerade? Ich schwieg diplomatisch.
»Von weitem sahst du so...«, sie konnte dafür keine entsprechende Bezeichnung finden.
»Solide?« half ich. Ihre Lider zuckten. Hatte sie wohl auch darauf eine metallische Haut? Nein, es war wohl Schminke.
Nun hob sie den Kopf: »Was heißt das?«
»Nun – e... hmm – vertrauenswürdig...«
»Du sprichst so komisch. Von wo bist du?«
»Von weit her.«
»Mars?«
»Weiter.«
»Fliegst du?«
»Ich bin geflogen.«
»Und jetzt?«
»Nichts. Kam zurück.«
»Wirst du wieder fliegen?«
»Ich weiß nicht. Wohl kaum.«
Das Gespräch versandete irgendwie. Mir schien, daß das Mädchen ihre etwas leichtsinnige Einladung bereits bereute, und ich wollte ihr die Sache leichter machen.
»Soll ich vielleicht schon gehen?« fragte ich. Das nicht angerührte Getränk hielt ich immer noch in der Hand.
»Warum denn?« staunte sie.
»Ich dachte, das würde dir... zusagen.«
»Nein«, sagte sie, »du meinst – nein, wieso?... Warum trinkst du denn nicht?«
»Ich trinke schon.«
Es war doch Milch. Um diese Zeit, unter diesen Umständen! Ich war so verblüfft, daß sie es merken mußte.
»Wie – ist er etwa schlecht?«
»Die... diese Milch...«, sagte ich. Ich mußte dabei das Gesicht eines Vollidioten gehabt haben.
»Wie? Was für Milch? Es ist doch Brit...«
Ich seufzte nur. »Hör zu, Nais... ich gehe wohl wirklich. Ja. So wird es besser sein.«
»Aber warum hast du denn getrunken?« fragte sie.
Ich sah sie schweigend an. Die Sprache selbst hatte sich nicht einmal so sehr verändert – nur verstand ich rein nichts davon. Nichts. Sie haben sich geändert.
»Wie du willst«, meinte sie schließlich. »Keiner hält dich. Ja, aber jetzt...« Sie wurde verwirrt. Trank ihre Limonade – wie ich in Gedanken ihr prickelndes Getränk nannte -, und ich wußte wieder einmal nicht, was ich sagen wollste. Wie schwierig das alles doch war!
»Erzähl mir von dir«, schlug ich vor, »willst du?«
»Gerne. Und wirst du mir später auch vor dir erzählen?«
»Ja.«
»Ich bin an der Kawut, das zweite Jahr schon. Aber in der letzten Zeit ließ ich mich etwas gehen, plastete nicht regelmäßig und... na, eben so. Meine Sechs ist uninteressant. Und so im Ernst... habe ich keinen. Komisch...«
»Was denn?«
»Daß ich keinen habe...«
Wieder dieses Dunkel. Von wem sprach sie da? Wen hatte sie nicht? Eltern? Liebhaber? Freunde? Abs hatte doch recht, daß ich ohne acht Monate im ADAPT nicht auskommen würde. Aber jetzt wollte ich noch viel weniger als vorher zerknirscht zurück in die Schule.
»Und weiter?« fragte ich, und da ich den Becher immer noch in der Hand hielt, nahm ich wieder einen Schluck von dieser Milch. Nais Lippen umspielte eine Art spöttisches Lächeln. Sie trank ihren Becher bis zur Neige aus, faßte mit der Hand die flaumige Bedeckung ihrer Schulter an und zerriß sie – knöpfte sie nicht auf, zog sie nicht aus, sonder riß sie einfach herunter und ließ die Fetzen, wie Unrat, aus ihren Fingern fallen.
 
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