Tach der deutschen Teileinheit

Kommen wir doch mal zu einer sachlichen Ebene zurück, Ich denke die zentrale Frage lautet hier:
"Stehen der BRD die ehemaligen Ostgebiete zu?"
Diese sollte man IMHO nicht pauschal beantworten mit Aussagen wie
"Klar, die Polen haben die uns schließlich geklaut."
oder etwas wie
"Nein, das wäre ja imperialistisch."

Warum man diese Gebiete zurückhaben möchte (oder eben nicht), wozu das gut wäre (oder eben nicht) und wie man das Ganze umsetzen möchte (oder eben nicht), ist zwar relevant, aber zweitrangig, denn zunächst muss doch geklärt werden, ob man (BRD) überhaupt Anspruch auf diese Gebiete hat, denn ohne diesen ist es doch völlig wurscht wozu und warum.....

Also meine Meinung:
1. Haben wir einen Anspruch ? Ja.
2. Will ich den durchgesetzt haben ? Nein.

Zu weiteren Stellungnahmen stets bereit. :)
 
Exos, wenn man die Diskussion auf eine Basis stellt wie du, kann man sogar darüber reden, ob D einen Anspruch auf die Ostgebiete haben. Meine Meinung: nein.
Gründe habe ich schon zur genüge genannt, hier nochmal: selbst wenn man Rechtsnachfolge annimmt, so wurde die Grenze von einer legitim gewählten deutschen Regierung anerkannt. Damit erlischt auch ein eventuell noch vorhandener Anspruch. Aber auch mit der Annahme, vorher sei einer dagewesen, hab ich meine Probleme, da ich generell nirgends in der Geschichte einen besonderen Anspruch auf irgendein Gebiet sehe, da sich unrechte Landnahmen auf der Basis von Gewalt durch alle Jahrtausende ziehen. Diese Problematik wurde schon ausführlich angesprochen, das sollte (eigentlich) dazu reichen.
Ich sehe Grenzen auch als imaginäre und reichlich willkürliche Gebilde an. Insofern wäre es mir Wurst, ob nun die deutsche Grenze an Oder-Neisse oder an der Weichsel endet, aber wenn es auch nur eine einzige (!!) dort ansässige Person gäbe, die das nicht wollte, ist es unbedingt abzulehnen. Und da dies mit 100% Sicherheit der Fall ist, stellt sich für mich die Frage einer Grenzveränderung gar nicht. Dass man einer solchen Frage solches Gewicht beimisst, verstehe ich ohnehin nicht. Man sollte mit allen Kräften zusammenarbeiten, dass die Menschen in anderen Nationen nicht Ausländer sehen, sondern Mit-Erdbewohner, dass es den Leuten egal ist, wo sie herkommen, welche Religion sie haben etc., weil wir den Charakter des anderen und nicht Stereotypen als Bewertungsgrundlage anlegen. Wird wohl leider ein Utopia bleiben, denn wenn keine Feindbilder mehr da sind, dann müssten die Menschen ja mal anfangen, die Fehler bei sich selbst zu suchen, und naja...

@Wolfpack: echt schön dich wieder zu lesen. :)
Aber ich glaube, da ist Hopfen und Malz verloren, denn eine Antwort auf die seit langem gestellte Frage kriegen wir hier nicht mehr, stattdessen werden die Ablenkungsversuche immer peinlicher. Gegen Ignoranz ist halt kein Kraut (wer jetzt mit einem blöden Spruch kommt, kriegt satt retour ;)) gewachsen...
 
Insgesamt gesehen sind Grenzen natürlich schlecht, denn sie schließen Menschen ein und aus und limitieren die Menschheit an sich im großen Maße.
Es ist schön, dass du Krautwiggerl, die Menschen einfach als das ansiehst was sie sind: Menschen. Auch ich möchte das können, doch ich schaffe das noch nicht so ganz, da ich zumeist davon ausgehe, dass ich dann den anderen als Mensch ansehe, dieser jedoch mich in eine Kategorie einordnet. Somit ordne ich die meisten Menschen quasi präventiv eben auch in eine Kategorie ein. Das mag vielleicht absurd klingen, ist aber derzeit so.
Aber zurück zu der leidigen Grenze.
Die damalige deutsche Regierung war zwar legitim, aber als Bedingung für die Wiedervereinigung (oder auch Vereinigung) wurde von den Allierten diese Abtrittserklärung (der Ostgebiete)eingefordert. Demnach fand dieser Abtritt gewissermaßen unter Zwang statt und ist in meinen Augen wie ich bereits erwähnte anfechtbar. Ferner hat kein Land (wie ich auch schon erwähnte) das Recht über das Territorium eines anderen Landes zu bestimmen (so wie Deutschland es '39-'45 tat).
Ergo hat Deutschland einen Anspruch auf diese Gebiete.
 
Exos Aven Kendahar schrieb:
Demnach fand dieser Abtritt gewissermaßen unter Zwang statt und ist in meinen Augen wie ich bereits erwähnte anfechtbar.

Moment - warum unter Zwang? Die Ex-DDR hatte sich die ganze Zeit doch auch nicht darüber aufgeregt, das die Ost-Gebiete "unter polnischer Verwaltung" standen (so stand es schön ausgedrückt im Dierke-Atlas).
 
Herr Uljanow schrieb:

@Sovok
Doch, hast du.

Hab ich gar nicht, hab ich gar nicht. Nene nene neee ne! Ich hab "nur" gesagt, dass ich es will. Na, genaugenommen, hab ich gesagt, dass ich es schade finde, dass es nicht geht.

Na auf jeden Fall ist dein Argumentationsweg über die Meinungsfreiheit für'n Arsch. Ich darf sagen, dass ich deine Meinung scheiße finde, du darfst sagen, dass du meine Meinung scheiße findest. Jeder Ausweich auf "Wää, aber Meinungsfreihei" zeigt nur, dass man auf die Meinung der anderen sonst nix mehr zu erwiedern hat.

Ansonsten beobachte ich besorgt, wie die Meinung "Die Gebiete gehören uns" gesellschaftsfähiger geworden ist. So hat Uljanow vielleicht sein Ziel schon erreicht.

Aber was reg ich mich auf. So Laberer wird es immer geben und wenn ich mir die Weltsituation angucke, kann ich beruhigt sagen, dass sie keine Chance haben. (Und so sehen sie sich ja auch, sie wandern im dunklen Tal der Unterdrückung und Ungerechtigkeit und warten auf den Tag, an dem ein Erlöser erscheint und der Widerstand gegen die Besatzungsregierung erfolgreich ist)
 
Herr Uljanow schrieb:
@DjDoena
Dann hätten wir endlich wieder die Ost-Gebiete zurück, die Vertriebenen könnten in ihre Heimat zurück. Damit hätte man doch schon was erreicht.

Aha! Du willst nach dem ersten Verbrechen ein 2. folgen lassen. Zuerst werden die Polen aus ihrer Heimat vertrieben und dann willst du also die Deutschen wieder zurück-zwangs-umsiedeln. Denn glaube mir, von den heute lebenden Deutschen, die dort geboren wurden, gibt es keinen, der freiwillig zurück will. Selbst die jüngsten müßten jetzt um 57 Jahre alt sein. Und andere Deutsche dürfen da ja nach Uljanows Argumentation nicht hin, da sie keinen Anspruch auf dieses Land haben.

Man stelle sich mal vor. Uljanows große Illusion wird eines Tages wahr. Dann haben wir wieder unsere alten Ostgebiete, aber keinen der da hin will. Dann machen wir da große Nationalparks draus. Ein Erfolg für die Grünen. ;)
 
@Exos:
nun, das hochgesteckte Ziel schaffe ich auch nicht immer. Auch ich werde teils von Vorurteilen gegen bestimmte Gruppen greitten, tja, aber dann versuch ich mir halt immer über meinen eigenen Gedankengang klar zu werden.
Unter einem anderen Aspekt sind Vereinfachungen von Zusammenhängen (und nichts anderes sind ja Vorurteile) lebensnotwendig. Wenn du nicht die Komplexität im Alltag reduzierst, hättest du soviel zu denken, dass du wohl kaum einen Tag überstehen würdest. Andere behaupten dagegen, ein gewisses Mass sei auch zur Menschenkenntnis notwendig.
Deswegen meine ich, dass nicht das Maximalziel, alle Vorurteile zu verbannen, herhalten muss, sondern dass sich einfach über Vorurteile selbst im klaren wird und somit imstande ist, auf andere trotzdem fair zuzugehen. Und natürlich auch, sich eines besseren überzeugen zu lassen, stellt sich der Stereotyp als unwahr heraus.
 
Herr Uljanow schrieb:
@DjDoena
Dann hätten wir endlich wieder die Ost-Gebiete zurück, die Vertriebenen könnten in ihre Heimat zurück. Damit hätte man doch schon was erreicht.
Wir? Wer ist wir? Ich nicht, denn mir oder meiner Familie gehört/gehörte nie ein qm Land in den Ostgebieten.

ansonsten: vgl Boothbys letzten Post
 
@ Elric:
AFAIR habe ich mal irgendwo gelesen, dass die DDR schon das Gespräch mit Moskau gesucht hatte, um Verhandlungen über die Ostgebiete einzuleiten.
Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache des Zwangs, egal ob man sich woher beschwert oder nicht.

@ Krautwiggerl:
Kurz und knapp: Du hast wohl recht. Dem ist im Grunde nichts mehr hinzuzufügen. Das Wichtigste ist IMHO, dass man das Leben (und somit auch seine Gedanken) bewußt erlebt. Dies bewahrt einen vor unerwarteten Überraschungen à la "Die Welle".

@ all:
Fragen wir doch mal andersherum: Warum haben wir keinen Anspruch auf die Ostgebiete? Aber bitte ganz sachlich bleiben. Auch Sinn oder Unsinn der Einforderung sollte außen vor bleiben. Es geht nur um den Grundsatz. Einige schätzen ja Grenzen eh gering und andere denken sie sich eh nur als imaginäre Linie (wie man bereits lesen konnte), aber es geht ja hier nicht um die eigenen Ideale oder das eigene Weltbild, sondern um das der Gesellschaft insgesamt und der Gesetze und das sich das ab und an nicht deckt ist wohl jedem klar.
 
Anspruch an einer Sache kann man doch nur haben, wenn es dafür eine Grundlage gibt, sei sie rechtlicher, finanzieller, politischer (...) oder moralischer Natur. Und meines Erachtens wurde jede Grundlage für einen Anspruch mit der Kapitulation 1945 verwirkt. Der Sieger schreibt nun mal vor, was aus bzw. mit dem Besiegten wird.

Zudem hat die Bundesrepublik Deutschland als einzig potentiell legitimierter Anspruchsinhaber alle möglichen Ansprüche at akta gelegt. Drittens hat die Völkergemeinschaft den derzeitigen Status für Rechtens erklärt.

Dies wäre der völkerechtliche Anspruch gewesen. Wie es mit einem privatrechtlichen oder finanziellen Anspruch aussieht vermag ich nicht zu sagen. Das ist auch nicht die Angelegenheit der BRD sondern jeden einzelnen. Falls ein Vertriebener sein Hab und Gut wieder zurück haben will, so muß er vor ordentlichen Gerichten in Polen Klage einreichen.

Moralisch haben wir eh keinen Anspruch, da wir den Krieg den wir selbst vom Zaun gebrochen haben, mit Pauken und Trompeten verloren haben. Mein Vater sagt immer: Wer die Musik bestellt, muß auch dafür zahlen. Und ich finde, es ist ein gerechter Preis.
 
Meiner Meinung nach, weil sie wesentlich länger polnische Gebiete waren, als deutsche.

Oder um nach Kriegslogik vorzugehen: Wenn ein Land einen krieg verloren hat hat es in der menschlichen Geschichte fast auch immer Territorium verloren. Und den letzten Krieg haben "wir" verloren. Wenn wir es zurückhaben wollten und damit in der Tradition bleiben wollen, müssten wir Polen (mal wieder) plattmachen.

Was an dieser Argumentation scheinheilig wäre, wäre zu sagen, das Gebiet gehört zu Deutschland, nur weil wir die letzten sind, denen es abgenommen wurde.

Meiner Meinung ist es widersinnig, immer wieder Krieg um Krieg, Landverlust um Landverlust gegeneinander aufzurechnen. Um des Friedens willen (auch Seelenfrieden) sollte es beim Status Quo bleiben.
 
@ Stefan:
Meiner Meinung besteht aber nach wie vor zumindest ein rechtlicher Anspruch nach dem Völkerrecht. Und eben dies schreibt wie bereits erwähnt vor, dass die Siegermacht eben nicht willkürlich über das Gebiet des Besiegten entscheiden kann.

Zwar hat die Bundesregierung seinerzeit erklärt, die Oder-Neiße-Linie nicht anzufechten, doch wie ich schon sagte, wurde dies als Voraussetzung für die Wiedervereinigng von den Allierten eingefordert. Ein weiterer Verstoß gegen das Völkerrecht. Wenn ich mich recht erinnere, gaben die damaligen Regierungsmitglieder mehr oder weniger bekannt, dass sie das so eigentlich nicht wollten.

Dass die Völkergemeinschaft, den Status anerkennt, obwohl der Weg dorthin mit Brüchen des eigenen Recht gesät ist kann ich nicht nachvollziehen.

Und schließlich kamen die Allierten nicht als Racheengel (jedenfalls nicht primär), sondern als moralische Instanz und Befreier. Dies scheint aber ab und an (von ihnen) vergessen worden zu sein.

Von der moralischen Seite gebe ich dir natürlich recht, nur zählt Moral nicht unbedingt etwas im Gerichtssaal.

Zur Musik:
Wenn ich einen DJ anstelle, um einen Abend lang Musik der 80er zu spielen, er jedoch nur Musik der 60er spielt, bekommt er auch nichts bezahlt :D

DJ Doena schrieb:

Was an dieser Argumentation scheinheilig wäre, wäre zu sagen, das Gebiet gehört zu Deutschland, nur weil wir die letzten sind, denen es abgenommen wurde.

So gesehen stimmt dies sicherlich, zieht man aber die relevanten Gesetze und ihre Inkraftretung hinzu, erscheint es weniger scheinheilig.
 
Exos Aven Kendahar schrieb:
So gesehen stimmt dies sicherlich, zieht man aber die relevanten Gesetze und ihre Inkraftretung hinzu, erscheint es weniger scheinheilig.
es ging ja in meinem beispiel gerade nicht um gesetze. Als Preussen den Polen die gebiete abgenommen hat, haben sie sich ja auch um kein Gesetz geschert.
 
Das stimmt, da hast du recht, 100%.
Nur kann das Gesetz ja erst gelten, wenn es erlassen wurde.

Wenn jetzt (also 2002) bspw. in den USA nationsweit die Todesstrafe abgeschafft wird, kann man doch kaum einen Richter vor Gericht stellen der 2001 noch Menschen zum Tode verurteilt hat.
Jetzt aber bitte nicht mein Bsp. mit der NS-Justiz gleichsetzten. Das war natürlich etwas anderes.
 
schon klar, dass "nullum crimen, nulla poena sine lege" ("kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz") gilt.

Meiner meinung war es trotzdem eine Wiedergutmachung.
 
Doena, Sie sind raus !
Schließlich geht es hier um Fakten, Fakten, Fakten. :D
Nein, ernsthaft, dass du das so siehst kann ich ja nachvollziehen, nur zählt deine Meinung genausowenig wie die meinige, wenn es eben nur um Fakten geht.

Und Wiedergutmachung ? Was kann man dazu zählen und was nicht. Im Endeffekt ist es ja so, dass man zugefügtes Leid mit NICHTS aufrechnen kann, nicht mit Land nicht mit Geld und schon gar nicht mit Vergeltung.
Nur dass Land und Geld vielleicht ein Ansatz wäre, nur kommt man dann wieder auf die Vertreibung der Deutschen. Dann müsste Deutschland Wiedergutmachung an polen (u.a.) leisten und dann von Polen wiederum Wiedergutmachung erhalten. Nur lassen wir das lieber, und beschränken uns auf die Grenze, die ja an sich schon genügend Stoff liefert.
 
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