Du hast gefragt Max, ich (als Hobbymusiker und -komponist) antworte, so ausführlich, wie ich kann.
Ich würde sagen, die Verwendung der Stilmittel und die scheinbar wahl- und ziellose Verwendung an Melodien spricht in diesem Fall für einen eklatanten Mangel an Qualität. Die Musik hatte keinenlei (für mich erkennbaren) inneren Aufbau, nichts, was aufeinander abgestimmt war und keine Variationen des eigentlichen Themas. Gab es ein eigentliches Grundthema überhaupt? Ich habe keins gefunden, im Gegensatz zu anderen Star Trek-Filmen (man erinnere sich zum Beispiel an das kraftvolle Posaunensolo, als der Borg-Kubus in Star Trek 8 auf die Erde hinzufliegt, oder die düsteren/verheimlichenden Passagen aus Star Trek 6, als die Verräter sich offenbaren und in den Kampf treten).
Zum Vergleich zum Soundtrack von Star Trek XI kann man den Soundtrack von Episode 3 nehmen, weil er stilistisch ähnlich aufgebaut ist, mir (im Gegensatz zum Soundtrack von Star Trek XI) aber sehr gut gefallen hat. Als andere Alternativen könnte man unter Umständen auch noch den Soundtrack von Matrix, 2001 Odysse im Weltraum oder teilweise auch noch Fluch der Karibik heranziehen, diese lasse ich hier jedoch außen vor.
Nun zu dem, was einen guten Soundtrack ausmacht. In Episode 3 wiederholen sich im Film gar manche Passagen der Musik zwei oder dreimal und das so geschickt, dass ich es erst nach dem hundersten Mal gemerkt habe. Dieser Soundtrack untermalt die Bilder, der Idealfall, den ich mir vorstelle, tritt ein, indem man Bild und Melodie miteinander verknüpft. Das gelingt bei Episode 3 bereits am Anfang bei der Raumschlacht, es funktioniert bei Anakins Fall auf die dunkle Seite und in der letzten halben Stunde des Films ist diese Verknüpfung für mich gar durchgängig möglich. In diesem Punkt hat Star Trek XI stattdessen komplett versagt.
Ein weiteres Thema ist die Einprägsamkeit der Melodie. Hier hat der Soundtrack von Star Trek XI bei mir verloren, denn als ich aus dem Film gegangen bin konnte ich mich an keinen einzigen Ton aus dem Soundtrack erinnern, das einzige, was blieb, war die TOS Fanfare vom Abspann, die sie kreativlos einfach nur dreimal wiederholt haben. Es ist schon sehr schwer, dass mir eine Melodie nicht wenigstens teilweise im Gehör bleibt, da ich ein absolutes Gehör besitze. Wer es dennoch schafft, dass ich mich an eine Musikpassage gänzlich nicht erinnern kann, hat entweder einen so komplexen Stil, das er nicht sofort eingängig ist (dafür war der Soundtrack von Star Trek XI jedoch zu simpel gestrickt, da es der Komponist bereits bei zwei, maximal drei Nebenmelodien zu den Hauptthemen belassen hat) oder aber (was ich von Star Trek XI behaupte) - der Komponist ist ein Versager!
Die Ausarbeitung der Themen und Nebenstimmen ist einer der wesentlichsten Punkte, die gute Musik ausmachen. In der Musik gibt es nicht nur Hauptthemen, sondern auch Nebenthemen und hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn ein Hauptthema erstellen, es mit ein bisschen Rythmus und einer oder zwei Nebenstimmen versehen kann jeder. Gut ist jedoch, wer über diese Melodie weitere Melodien legen kann, so dass es sich dennoch gut anhört. Dadurch entsteht die Komplexität in der Musik und solche Musik bietet immer wieder neue Dinge zu entdecken. Genau deshalb sind zum Beispiel Gustav Mahler und Richard Strauss meine unangefochtenen Lieblingskomponisten und diejenigen, von denen ich mich am liebsten inspirieren lasse - bei ihnen ist es regelmäßig so, dass ein Hauptthema erklingt, dazu zwei oder drei Nebenthemen, oftmals versteckt und diese Nebenthemen plötzlich die Initiative an sich reißen und zur Hauptstimme werden Eine unglaubliche Komplexität ist die Folge und dennoch wird diese Musik eingängig, weil sie so immer und immer wieder beharrlich ihre Grundthemen oder gar ganze Passagen wiederholen und varriieren können, ohne dass es langweilig wird, bis sie jeder einzelne im Gehör hat und auch nicht mehr verliert.
Solche Musik können nur wenige, richtig gute Komponisten machen (ich behaupte, John Williams ist einer von ihnen). In der modernen Popmusik und im Zeitalter von 3 Minütigen-Trällerliedchen ist diese Fähigkeit jedoch leider fast gänzlich verloren gegangen. So auch in Star Trek XI, denn alles, was uns geliefert sird, sind nur flache Hauptthemen und diese in ihrer Intensität so selten, dass sie nicht eingängig bleiben. Die Ausarbeitung der Themen bleibt ausreichend, wenn nicht gar mangelhaft in ihrer filmischen Umsetzung.
Kommen wir nun zum letzten Punkt, den ich vorhin schon einmal angesprochen hatte: Die Verwendung der Stilmittel. In der Musik gibt es unzählige Möglichkeiten, alleine für das Spielen der Geige sind mir aus dem Stehgreif fünf Methoden bekannt. Der Soundtrack von Star Trek XI verwendet stattdessen nur grundlegendes... nichts ausergewöhnliches, nichts, was nicht jeder 5jährige, der halbwegs musikalisch begabt ist auf ein Blatt Papier hätte kritzeln können. Die größte Einfallslosigkeit hat der Komponist für mich bewiesen in der Szene, wo er wild auf den Chor zurückgegriffen hat und diesen nur noch jaulend präsentierte. Wenn er es wenigstens mit Elementen gemacht hätte, die einigermaßen einen Schock oder Spannung erzeugt hätten (ich glaube, es war beim Kampf Nero vs Kirk?) - so jedoch war seine Verwendung der stilmittel grässlich. Ich vergleiche es auch hier mit Episode 3, weil wir in Episode 3 ebenfalls die Verwendung eines Chors haben, ebenfalls in einer entsprechenden Lautstärke. Nun, was ist der Unterschied?
Star Trek XI liefert und Klangbrei, einheitliches Rumgejaule, das vielleicht ein paar mal die Tonhöhe ändert, ohne Melodie, ohne Aufbau, ohne alles.
Episode 3 stattdessen liefert und einen ganz gezielten Spannungsaufbau. Der Passage mit dem Chor gehen knapp 5 Minuten Wiederholung eines Musikthemas in immer neuer Variation voraus mit dem Ein- und Aussetzen bestimmter Stimmen wodurch die Stimmung zwar nur nuancenhaft verändert wird, jedoch ganz gezielt immer weiter aufgebaut wird, bis sie in der Tutti-Stelle (voller Einsatz des gesamten Orchesters) ihren Höhepunkt genau dann erreicht, als Anakin und Obi Wan in den letzten Zügen ihres Gefechtes liegen.
Musik kannst du wie einen guten Roman betrachten. Gute Musik bietet einen Spannungsbogen, einen Aufbau und eine konkrete Abfolge bestimmter Themen, Motive und Melodien, die hin zu einem Ziel gehen und in ihrem Höhepunkt oder Schluss ihre Vollendung finden. Ein Musikstück ist erst dann als gut zu bezeichnen, wenn du in ihm eine Geschichte einigermaßen erkennen kannst, sehr gut ist es, wenn du diese Geschichte präzise erkennen kannst, perfekt ist es jedoch, wenn du genau das wieder erkennst, was der Komponist auch ausdrücken wollte.