Gesamtbewertung Staffel 1

Wie bewertet ihr Staffel 1

  • Gelungen

  • Neutral

  • Enttäuscht


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Boothby

Admiral
Teammitglied
Da die Staffel 1 nun Geschichte ist, möchte ich mit euch zu einem Fazit kommen. Wie bewertet ihr Staffel 1?
 
Meine Erstbewertung nachdem ich die Serie bisher nur in der ursprünglichen Reihenfolge gesehen habe (die Bewertung könnte sich natürlich ändern, wenn ich später mit Kenntnis des Endes dann nochmal alle Folgen anschaue.)

tl;dr
PIC ist das beste "Star Trek" der letzten 15 Jahre!
PIC ist eine ziemliche Enttäuschung.

Das ist meines Erachtens nach beides korrekt, was im Wesentlichen darauf zurückführen ist, dass alles offizielle Star Trek der letzten 15 Jahre eine noch viel größere Enttäuschung war, sowohl das unausgegorene DIS als auch die absolut schwachsinnigen, schrecklichen Abrams-Machwerke. PIC ist somit gewissermaßen der Einäugige unter den Blinden. Zwischenzeitlich hatte ich mit Schlimmerem gerechnet.

Skalen jeweils 0 bis 10

Gesamturteil: 5/10

Episodenwertung:

1x01 Gedenken: 8/10 Ein ordentlicher Pilotfilm, der trotz kleinerer Schwächen das Setting und die Figuren gut einführt und Lust auf mehr macht.
1x02 Karten: 6/10 Zusätzlicher Build-up ohne große Handlung; einige Teile des Pilotfilms scheinen bereits als Nebelkerze enttarnt zu sein.
1x03 Ende: 5/10 Noch mehr Build-up, dafür können wir am Ende endlich in den Weltraum starten.
1x04 Offenheit: 6/10 Elnor aufsammeln, ein neuer Planet; Hintergrund zu den Romulanern.
1x05 Gnade: 0/10 Gore, "Merci" Kill, Mord, absolute Lächerlichkeit und noch mehr Mord und Mord an Sinn und Verstand.
1x06 Box: 2/10 Narek aktiviert Soji; Elnor zurücklassen.
1x07 Nepenthe: 5/10 Meet the Rikers; Kill the xBorg.
1x08 Bruchstücke: 7/10 Die Hintergründe werden aufgelöst; und sogar bis zu einem gewissen Grad stimmig.
1x09+10 Aracadia: 6/10 Ein "würdiger" Abschluss für eine durchwachsene Staffel und endlich kommt auch ein wenig Star Trek-Philosophie vor.

Handlung 4/10
Die Staffelhandlung wird die gesamten 10 Folgen lang konsequent verfolgt. Es gibt dabei zwar Ausflüge, aber die Haupthandlung wird nie aus den Augen verloren. Und auch wenn die Handlung am Ende (für heutige Maßstäbe) befriedigend vollendet wird und in sich weitgehend stimmig ist, bleiben viele lose Enden und offene Fragen. Auch bleibt die Behandlung der Themen absolut oberflächlich. Das ist besonders unerfreulich, da die Handlung insgesamt kaum für mehr als eine 90er-Jahre-Doppelfolge reicht.

Originalität 1/10
Schon wieder Künstliche Intelligenz, schon wieder Unmengen an Geheimdiensten; dazu packen wir alle gängigen Klischees des 2010er-Fernsehens. Im Pilotfilm wurde kurz angeteast, es könne um aktuelle politische Themen (z. B. Umgang mit Vertriebenen, Naturkatastophen) gehen, um Bürgerrechte und Terrorismus, oder um allgemein den Umgang mit einer Gesellschaft, die in die Autokratie abdriftet. Das stellt sich dann aber schnell alles als Nebelkerze heraus. Wer auf Neues gehofft hat, bleibt enttäuscht.

Message 3/10
Die Serie entledigt sich (unnötigerweise) eines Großteils der Message von Star Trek: die Gesellschafts-Vision, die technologischen Wunder, die ökologische Utopie; der selbsterkannte, erwachsene Mensch. Immerhin wird aber an einigen Stellen und inbesondere im Finale dann doch noch humanistisch gehandelt: zu wenig, zu spät, aber immerhin.

Storytelling 5/10
Die serialisierte Handlung ist als solche erkennbar und funktioniert im Kern, soll heißen man erkennt, dass hier von Anfang an ein Plan verfolgt wurde. Es bleiben aber leider zu viele offene Fragen und das Springen zwischen den Zeitebenen wirkt eher als Mittel, um den Zuschauer ausreichend zu verwirren, damit er diese offenen Fragen vergisst.

Editing 5/10
Ganz besonders dem Pilotfilm und in geringerem Ausmaß den weiteren Anfangsfolgen und den Abschlussfolgen merkt man eine deutlich höhere Konsistenz an als z. B. DIS. In der Mitte gab es dabei aber einen riesigen Einbruch; Folgen 5 und 6 wirken als ob überhaupt niemand sich Gedanken über Logik oder Sinn gemacht habe. Bei einer serialisierten Serie zieht das die Gesamtqualität dann leider sehr runter.
Auch gibt es selbst in den besseren Folgen offensichtliche Oversights wie z. B. dass Picard gar nicht erst auf die Idee kommt, Dahjs Eltern zu kontaktieren.

Interne Kontinuität 8/10
Die Gesamthandlung folgt weitgehend einer Kontinuität und einmal etablierte Fakten bleiben dann auch weiterhin so bestehen und werden auch in den weiteren Folgen entsprechend wieder aufgegriffen. Es gibt aber kleinere Zeitfehlerchen (wie Rhamdas Assimilierung).

Externe Kontinuität 5/10
Die Serie übernimmt viele Elemente der Vorgänger; lässt sich dabei aber große künstlerische Freiheit beim Uminterpretieren der Föderation sowie der Charaktere Picard und Seven, was bereits Bekanntem direkt widersprecht. Ein weiteres Minus dafür, dass z. B. die präsentierten Schiffe weitgehend aus DIS stammen (also von 150 Jahre vor der Handlung), wo es so naheliegend gewesen wäre, etwas aus der TNG/DS9/VOY-Zeit zu zeigen (nur 20 Jahre vor der Handlung). Einen Pluspunkt für die Einbindung der verschiedenen Romulanertypen (aus TOS und TNG, auf Beulenköpfe hätte ich verzichten können, aber ohne die Tattoos sind auch die ok). Gleichzeitig gibt es ein paar unerklärte Umbenennungen (z. B. Synths).

Design 7/10
Die Uniformen fand ich adqäuat dem Stil folgend und ingesamt ok und die Föderationsschiffe zwar langweilig (weil so wenige Modelle), aber immerhin im Design erkennbar; die Romulaner-Schiffe waren auch als solche erkennbar. Leider gibt es kaum Außerirdische und ich weiß auch nicht, warum die Androiden am Ende goldfarben sein mussten - hätte man sie doch lieber Data-farben gelassen.

Spezialeffekte 5/10
Die Spezialeffekte fand ich durchgehend ganz in Ordnung. Wie @chrisbergr dargelegt hat, waren sie zeitweise nicht gerade phantastisch und die Föderationsflotte am Ende war dann auch nochmal irritierend lahmes Copy-und-Paste, aber insgesamt haben sie ihre Aufgabe ordentlich erledigt. Allerdings gibt es 2 Punkte Abzug für Loser Flares!

Sets 8/10
Ich habe an den Sets nichts auszusetzen, was erstmal ein gutes Zeichen ist. Auf der anderen Seite ist aber auch nichts Ikonisches dabei, was sich einem ins Gedächtnis prägt.

Cast 8/10
Der Cast war angemessen. Die Hauptdarsteller sind durchaus fähig, neben Patrick Stewart hat mir insbesondere Isa Briones gut gefallen und Santiago Cabrera hat man die Freude bei der Darstellung der Hologramme durchaus angemerkt. Auch gab es genug Nebendarsteller der Woche und Statisten, dass sich das Universum auch wieder als solches anfühlt - anders als bei den gefühlt nur insgesamt 15 Personen, die im gesamten DIS-Universum existieren.

Diversität 10/10
- 4 Männer, 3 Frauen
- 4 Menschen, 2 Romulaner, 1 Android
- 6 weiße, 1 schwarze
- einigermaßen diverse wiederkehrende Charaktere.

Charakteridentifikation 8/10
Die Charaketere sind deutlich weniger weit entwickelt als in TNG. Im Gegensatz zu DIS sind sie aber immerhin trotzdem als Identifikationsfiguren durchaus brauchbar. Ich konnte mich letztlich in fast jeden der Charaktere zum einen oder anderen Zeitpunkt hineinversetzen und wollte für die meisten Charaketere, dass es ihnen gut geht. Auch waren die Handlungen der Charaktere weitgehend nachollziehbar.
2 Punkte Abzug gibt es für die bartzwirbelnden Klischee-Bösewichte (insbesondere Narissa).

Titel 8/10
Die Folgentitel beschreiben die Folgen adäquat. Das Finale geht dabei einen Sonderweg mit dem kreativen Bezug, ist aber dennoch verständlich (im Gegensatz dazu weiß ich bei einem Großteil der DIS-Folgen bis heute nicht, was die Titel sollten).

Vorspann 8/10
Der Vorspann ist solide und gleichzeitig originell genug, aber am wichtigsten: eine passende Einleitung für eben genau diese Serie.

Musik 7/10
Die Musik war weitgehend passend und orientierte sich an passenden Stellen an seinen Vorgängern.

Strange New Worlds 6/10
Wir kriegen mit Vashti, Freecloud, Nepenthe, Coppelius und der Erde eine handvoll Welten präsentiert, welche bis auf Freecloud auch ganz gut gelungen sind.

New Life, New Civilizations 4/10
Die neuen Androiden sind zentraler Bestandteil der Handlung; andere neue Lebensformen kommen eher nur am Rande (insbesondere auf den oben erwähnten Welten) vor.

To boldy go, where no one has gone before 2/10
Es werden kaum neue Ideen erforscht - höchstens die Admonition war in dieser Form so noch nicht bei Star Trek. Jedoch werden vorhandene Ideen bis zu einem gewissen Grad neu arrangiert.

Live long and prosper,
Vulcan
 
PIC ist das beste "Star Trek" der letzten 15 Jahre!
PIC ist eine ziemliche Enttäuschung.
:D
Wie habe ich es vermisst.

Ja ich sehe das ähnlich.
Die Zeiten in denen ich mich eine halbe Stunde hingesetzt habe um hier etwas zu schreiben sind zwar vorbei, aber ein paar Worte will ich auch verlieren.
Ich fand die erste Folge erstmal abstoßend. Schnelle Schnitte viel Action, wenig Star Trek und die Erkenntnis, dass man nun auch noch das 24.Jhd in der "echten" Zeitline abreißen will. Es ist halt so: Dystopien sind viel einfacher zu erzählen als Utopien. Und Sachen kaputt zu machen geht leichter als Dinge aufzubauen. Schade, dass man sich hier anschließt dachte ich.
Dann fand ich aber allmählich gefallen. Picard in eine Outlaw Crew einzubauen war eine gute Idee. Noch eine Picard ist der beste Capatin Serie wäre unglaubwürdig und unnötig. So werden weitere Aspekte des Charakters beleuchtet. Es ist nicht mehr alles so glatt wie in TNG. Picard weiß mal nicht gleich wie man ein neues Raumschiff fliegt - undenkbar in den '90ern. Charakterentwicklung war ja auch nie eine Stärke von TNG. Sogesehen toll. Und auch die Folgen waren spannend, mysteriös und unterhaltsam. Die Sets und Requisiten auf heutigem Niveau - das ist natürlich ein Augenschmaus im Vergleich zu den '90ern.
Ich habe Versucht die Serie als einen Spiegel unserer Zeit zu betrachten. Wir haben eine tolle Gesellschaft, aber wir müssen auf sie aufpassen. Es kann ganz schnell gehen und die Dinge wandeln sich zum Schlechten.
Die Star Trek Moral fand ich jedoch arg ins Lächerliche gezogen und konstruiert. Es wirkt immer so als ob ein alter Mann Geschichten predigt die heute eigentlich niemanden mehr interessieren. Schöner wäre es, wenn sich die Moral aus der Geschichte heraus ergibt - nicht einfach runtergebetet.
Ich empfand die Folgen besser werdend - bis zur Letzten. Die war wieder sehr merkwürdig. Picard als Android ? Hmmh ich weiß nicht. Und dann innerhalb von Sekunden? Warum macht man nicht aus allen einen Androiden, wenn das so gut geht. Warum genau kreutzt die ganze Sternenflotte mit ihren Super-häßlichen CGI Schiffen auf ? Und diese bösen Wurm-Androiden Aliens waren total peinlich. Optisch wie Story technisch. Das war Star Wars Niveau. Die Picard Manöver Anspielung war nett gedacht, aber unglaubwürdig umgesetzt.
Eine schöne Anspielung war, dass die Armadas dann nicht gekämpft haben. Wo gibt es sowas sonst?

Ich denke so 6/10 Punkten kann man der Serie schon geben. So richtig wow war sie halt leider nicht...

Noch ne Frage: Diese Picard-Data Beziehung ("Liebe") die hier erzählt wird finde ich etwas überspannt - wenn auch nicht komplett auszuschließen. Wie seht ihr das? Auch die Motivation von Picard für die "Tochter" von Data durch die Galaxie zu reisen finde ich unnachvollziehbar.
 
Noch ne Frage: Diese Picard-Data Beziehung ("Liebe") die hier erzählt wird finde ich etwas überspannt - wenn auch nicht komplett auszuschließen. Wie seht ihr das? Auch die Motivation von Picard für die "Tochter" von Data durch die Galaxie zu reisen finde ich unnachvollziehbar.
Es geht. Er ist ein alter Mann, der immer weniger hat. Freunde fehlen, keine Aufgaben / Verantwortung mehr, da wird halt in Erinnerungen geschwelgt und sich an alles geklammert, was an die guten alten Zeiten erinnert. Außerdem hat es etwas von US-Veteranen, wie sie immer in Fimen erzählt werden. Dieses Verlieren eines Kameraden und dann nach der Heimkehr das um dessen Familie kümmern. Viel Pathos halt.
 
Noch ne Frage: Diese Picard-Data Beziehung ("Liebe") die hier erzählt wird finde ich etwas überspannt - wenn auch nicht komplett auszuschließen. Wie seht ihr das? Auch die Motivation von Picard für die "Tochter" von Data durch die Galaxie zu reisen finde ich unnachvollziehbar.
Also natürlich ist damit nicht eine Liebe im romantischen Sinne gemeint. Und da Picard niemals ein Familienmensch war, ist seine Crew das, was ihm am nächsten war. Data war über 15 Jahre lang einer seiner engsten Vertrauten; ich denke, man hat in TNG an einigen Stellen gesehen, dass er mit Data - mehr als mit anderen Crew-Mitgliedern (abgesehen von Dr. Crusher) - auch eine persönliche Beziehung über die Arbeit hinaus hatte.
Und ich denke, wie @chrisbergr ergänzt hat, wird einem im Alter wahrscheinlich auch dieser Umstand (wer einem wirklich nahesteht) ganz besonders bewusst. Und Data war definitiv eine der wichtigsten Personen in seinem ganzen Leben. Insofern: Ist die Beziehung zwischen Data und Picard Liebe? Ja, so wie die Liebe zu einem Bruder oder einem guten Freund.

Hätte ich vor der Serie erwartet, dass dieses Wort zur Beschreibung der Beziehung gewählt wird? Nicht unbedingt, aber passt schon.

Andererseits geht der alte Picard dann doch eher freizügig mit dem Begriff um. Mit Musiker, mit der er wohl nur 4 Jahre lang zusammenarbeitete, tauscht er in der letzten Folge auch (platonische) Liebesbekundungen aus, wenn ich mich nicht irre. Wäre also durchaus möglich, dass Picard im Grunde all seinen engeren Mitarbeitern gegenüber Liebe empfindet: von Prof. Galen, Batanides, Zweller, über Jack Crusher, Walker Keel, Dr. Benayoun und Vigo, Riker, Troi, Worf, La Forge und Beverly Crusher, Guinan, Ro, bis hin zu Musiker, Dahj und Soji und natürlich ganz besonders Wesley Crusher.

Live long and prosper,
Vulcan
 
Andererseits geht der alte Picard dann doch eher freizügig mit dem Begriff um. Mit Musiker, mit der er wohl nur 4 Jahre lang zusammenarbeitete, tauscht er in der letzten Folge auch (platonische) Liebesbekundungen aus, wenn ich mich nicht irre. Wäre also durchaus möglich, dass Picard im Grunde all seinen engeren Mitarbeitern gegenüber Liebe empfindet: von Prof. Galen, Batanides, Zweller, über Jack Crusher, Walker Keel, Dr. Benayoun und Vigo, Riker, Troi, Worf, La Forge und Beverly Crusher, Guinan, Ro, bis hin zu Musiker, Dahj und Soji und natürlich ganz besonders Wesley Crusher.

Ich will dir da nicht widersprechen aber bezüglich Musiker noch den folgenden Gedanken ergänzen:

Ich glaube im Alter und mit der Zahl der wichtigen Freunde, die man verloren hat, egal ob emotional oder physisch, hat man zwei Möglichkeiten: Sich zu verschließen und keinen mehr an sich ran zu lassen, oder den Prozess der tiefen emotionalen Verbindung schneller zuzulassen. Ich glaube letzteres ist bei Picard der Fall, vor allem wenn die Person Musiker dann noch gewisse Charakterzüge von seinen anderen langjährigen Wegbegleitern wie Riker oder Wesley hat. Und dann noch dieses schlechte Gewissen / diese Schuld wegen ihrem Rausschmiss aus der Sternenflotte. Ich denke, da kommt emotional einiges zusammen bei dem alten Mann.
 
Ich erinnere mich nicht mehr an jedes Detail, aber zumindest eine grundsätzliche Meinung habe ich dazu gefasst und sie geht doch sehr mit dem einher, was auch andere hier inzwischen festgestellt haben:

In meinen Augen fing die Serie mit einem altbekannten Konflikt an, es gab einige Höhen und Tiefen, die in meinen Augen aber alle nicht konsequent zu ende gedacht wurden und dann in einem Finale mündeten, das völlig unwürdig, völlig missraten war. Ich hatte es ja schon in meiner Antwort auf die letzte Folge geschrieben:
Dass Picard jetzt als Synth durch die Geschichte wandert, ist an Schwachsinn nicht zu überbieten. Ausgerechnet der Charakter, der damals im Alleingang die Menschheit gegen Qs berechtigte Vorwürfe verteidigt hat ist jetzt auf einmal eine künstliche Lebensform? Ernsthaft jetzt?
Mal davon abgesehen, dass ich diesen Abschied von Data durchaus gelungen war, war die Auflösung mit Picard an Blamage nicht zu überbieten. Warum hat man nicht einfach dessen Krankheit durch ein Implantat oder ein künstliches Gehirn geheilt?
Warum überlässt man ihm jetzt dem Dasein eines besseren Zylonen, anstatt ihm eine Entwicklungsaufgabe mitzugeben, an deren Ende die Akzeptanz steht, dass künstliches Leben ebenbürtig zum biologischen Leben ist?
Warum revidiert man über Picard, der selbst einmal ein Borg war, nicht diese Annahme, dass Cybernetik und Implantate nur böse sein müssen?

Argh, da gibt es noch so viel dazu zu schreiben, wie viel Potenzial hier verschwendet wurde. Es regt mich maßlos auf, wenn solche Aufgaben in den Händen untalentierter Autoren einfach nicht angenommen werden oder dann der einfachen Lösung geopfert werden. Daran haben schon die Abrahams-Trek-Filme gekrankt, daran ist Game of Thrones am Ende kläglich gescheitert und genau dasselbe Schema sehe ich jetzt auch bei Picard, das nicht den besten Start hatte, aber sich wenigstens im Verlauf von dem anderen Mist, mit dem wir inzwischen gefüttert werden, abheben wollte. Schade, dass es dann mit der letzten Folge doch wieder nur eine Bruchlandung wurde, da hatte ich echt mehr Hoffnung.
Mal schauen, was die nächste Staffel bringt. Im Moment zitter ich ihr ja eher entgegen, als ihr entgegenzufiebern...
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, nachdem ich die Serie nun einige Zeit habe sacken lassen, hat sich herausgebildet, was meiner Meinung nach der größte Fehler der Serie ist: die fehlende Zukunfts-Vision bzw. die Zerstörung der Zukunfts-Vision.

Star Trek war immer eine Geschichte, die uns aufgezeigt hat, zu was die Menschheit fähig ist, wenn sie sich auf ihre Fähigkeiten und ihre Gemeinsamkeiten besinnt. Star Trek zeigt eine Zukunft, in der die Menschheit Sexismus, Rassismus, Hunger und Gier überwunden hat[1], eine Zukunft, in der die Menschen weiterhin nicht perfekt waren, aber versucht haben, das Beste aus sich zu machen; eine Zukunft, die zeigt, welche Wunder der Weltraum für uns bereithält; eine Zukunft, die präsentiert, welchen Komfort uns die Technologie bringen kann; eine Zukunft, die zeigt, was wir erreichen können mit verantwortungsvoller Wissenschaft; eine Zukunft, die darlegt, welche Verbesserung an Lebensqualität uns verantwortungsvolles Handeln und Diversität bringt; eine Zukunft, die zeigt welchen Wohlstand wir jedem zukommen lassen können mit einem besser durchdachten Wirtschafts-System.
Das ist der Grund, warum Star Trek unzählige Menschen inspiriert hat, Astronauten zu werden; Wissenschaflerinnen zu werden, Erfinder zu werden; Lehrerinnen zu werden; sich für sozialen Fortschritt einzusetzen. Es ist der Grund, warum heutzutage viele Sachen in unserem täglichen Leben existieren, die nach Star Trek aussehen - weil sie aus Star Trek stammen und die Serie die Leute inspiriert hat, diese erstrebenswerte Zukunft Realität werden zu lassen.
Das ist der Grund, warum Star Trek etwas besonderes ist und warum ich Star Trek etwas abgewinnen kann.

Und hier kommt nun Star Trek: Picard. Diese Serie wird niemanden zu irgendetwas inspirieren. Wie ein Star Trek-Fan so treffend bzgl. PIC formuliert hat: "Zum ersten Mal muss ich über Star Trek sagen: In der Zukunft will ich nicht mehr leben!"*

PIC zeigt keine erstrebenswerte Zukunft. PIC zeigt ein Faksimile der aktuellen Zeit - mit hässlichen Lens Flares. Und das ist volle Absicht von Michael Chabon. Statt eine Serie zu machen, die wie die bisherigen Star Trek-Serien zwar aktuelle Probleme aufgreift (gegebenenfalls in Allegorien), aber dennoch eine positive Zukunfts-Vision zeigt; ist PIC einfach nur ein müder Abklatsch der aktuellen Gesellschaft.
Michael Chabon hat klar gemacht, dass er der Meinung ist, dass Menschen sich nicht ändern und die Menschheit schon gar nicht. Das ist von einem Autor eine schrecklich festgefahrene, dogmatische, kurzsichtige und einfältige Meinung. Die Serie spielt 400 Jahre in der Zukunft, sieht aus wie heute und die Gesellschaft ist kein bißchen weiter? Soll das realistisch sein? Es ist nicht realistisch. Das ist ganz einfach zu sehen, wenn man in die andere Richtung schaut: 400 Jahre in der Vergangenheit begann die organisierte Sklaverei gerade so richtig Fahrt aufzunehmen; ganz Europa war im Prinzip permanent im Krieg mit einander; generell war das tägliche Leben hauptsächlich durch Stände gekennzeichnet, es gab keine Demokratie usw,. usf. nochmal 400 Jahre zuvor waren wir im tiefsten Mittelalter, Wissenschaft galt als Teufelswerk usw.
Nun schaut Chabon also die gleiche Zeitspanne in die Zukunft und glaubt, dass sich gesellschaftlich nichts weiterentwickeln wird? Das ist traurig und einfältig. Na ja, das zeigt wohl, dass eine Sache sich tatsächlich nicht ändert: Dass viele Menschen ihrer jeweiligen Zeit unfähig sind über ihren Tellerrand zu schauen und irgendetwas anderes als möglich zu erachten als den aktuellen Stand der Welt - der einfache Bürger im 16. Jahrhundert wird das Ständesystem wohl für ebenso unveränderlich gehalten haben wie Chabon es von den aktuellen Zuständen annimmt.

Es ist erfreulich, dass Star Trek ein Mittel war, so vielen Menschen zu helfen, über diesen Tellerrand zu schauen, zu realisieren, dass mehr möglich ist. Und es ist ein Trauerspiel, dass dieses Mittel mit den neuen Serien zu ende gegangen ist.

Live long and prosper,
Vulcan

[1]
* Fairerweise muss ich hinzufügen, dass die faschistische Darstellung aus Abrams Trek und der chaotische Blödsinn aus DIS natürlich die Utopie auch bereits stark eingeschränkt hatten.
 
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