De Astris

M

Max

Guest
Einfach mal ein Spaß zur Überbrückung der Langweile:
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I / IV

»Am Abend hatten wir den Lagerplatz erreicht. Ich gab den Befehlshabern der Flottenschiffe ihre Anweisungen. Selbst blieb ich mit einem Verband aus meinem eigenen Schiff und drei Begleitern am äußersten Planeten des Sternensystems als Wache. Die Mannschaften genossen die freie Zeit, doch hörte ich von meinem ersten Offizier von gefährlichen Ansichten und Einstellungen innerhalb meiner Leute. Viele verspürten Angst, doch daneben gab es eine Unsicherheit in ihren Gedanken, die mich mehr beschäftigte.

Dann war die Zeit gekommen, da mich ein Funkspruch erreichte, der unseren Abflug aus dem sicheren Hafen nötig machte. Kurz beriet ich mich mit den Stabsoffizieren des Verbands und so erfuhr ich Einzelheiten über den Zustand der Schiffe und ihrer Besatzung. Dann nahm mich einer beiseite und im Vertrauen teilte er mir mit, seine Mannschaft werde einen erneuten Abflug mit Ziel eines Zusammentreffens mit unseren Feinden womöglich nicht mit vollem Herzen unterstützen. Ich sah den Ausdruck in seinem Gesicht und wusste, dass er ihre Meinung teilte. Es blieb nicht die Zeit, um sich damit lange auseinander zu setzen, doch was nützt eine Unterstützung die nicht voll hinter der Aufgabe steht? So konnte ich wählen, ob ich ihnen erlaubte, zurückzubleiben oder nicht. Hier hätten sie zwar sicheren Unterschlupf, doch stünden sie für sich alleine und wären doch bald nicht mehr für sich, da ihr Vorbild die Moral anderer Schiffsbesatzungen beeinflussen konnte. So entschied ich mich, so lange mir die Zeit noch blieb, meine Möglichkeiten zu nutzen, um ihren Verbleib im großen Verband zu sichern.

Bevor die Zeit des Abfluges anbrach, versicherte ich mich zunächst der Leute, die ich hinter mir wusste. Um kein Misstrauen in der Flotte zu säen, musste ich vorsichtig agieren und die Mittel dazu behutsam wählen. Ich kannte den Zustand der Schiffe aus der Vorbesprechung genau, ließ nun aber noch einmal Berichte einsammeln, die alle samt nicht von den treuergebenen Kommandanten stammten, von denen ich ja wusste, dass sie mir die Wahrheit, mag sie nun vorteilhaft sein oder nicht, mitgeteilt hatten. Die neuen Informationen ließ ich nämlich von den Unteroffizieren zusammenstellen, die ausdrücklich angewiesen waren, die Mannschaften in diesen Prozess einzubinden. Durch Abgleich beider Einschätzungen war es mir dann möglich zu sehen, welche Besatzungen den eigenen Status bewusst oder unbewusst verfälscht darstellten. Diese Schiffe berief ich in enge Formation zu meinem eigenen, vergass darüber aber nicht die anderen Teile der Flotte. Als sich nun alle an ihrem Platz eingefunden hatten, öffnete ich die Ruffrequenzen für einen flottenweiten Funk und sprach zu ihnen:

›Seit Monaten sind sich die Leute dieses Verbandes treu ergeben. Die Aufgaben der Vergangenheit waren nicht leicht, doch wir haben uns bewiesen. Dieser Verband wurde zu einer Gemeinschaft, in der man sich in Treue und Moral zur Seite stand. Da die kommenden Aufgaben noch schwieriger sein werden als die vergangen, beweisen sich jene Tugenden auch noch stärker als in der Vergangenheit. Jeder Anführer braucht so die Stärke seiner Untergebenen und jede Mannschaft braucht umgekehrt auch einen Anführer, der sie durch Verstand und Moral leitet. Und habe ich das nicht auch in der Vergangenheit getan? Unter meinem Befehl gelang der Flug über hunderte Lichtjahre. Keines der Schiffe ging verloren. Ich war es auch, der die Flottenoberfehlshaber davon überzeugte, nach dem verlorengeglaubten Schiffen im Haddes-Sektor zu suchen. Unter meiner Leitung gelang es nicht nur in den Sektor einzudringen, sondern auch durch geschickte Finten zusammen mit eben jenen Schiffen ohne Feindkontakt zu entkommen. Habe ich nicht stets die Vernuft bewiesen, die Sachverhalte richtig einzuschätzen? Habe ich nicht stets die Moral gezeigt, die ich von jedem Mann und jeder Frau aus der Flotte einforderte, als ich mit meinen Schiff an vorderster Linie jene Unternehmungen zu erfolgreichen Ausgängen führte? Und nun ist ein Moment gekommen, an dem sich die Wagnisse auszahlen können. Viele meiner ehemaligen Befürworter und Weggefährten wandten sich ab, als sie nicht mehr in der Lage waren, mich bei meinen nicht ungefährlichen Reisen zu begleiten. Nicht so ihr. Dieser Verband bewies sich in Treue und Moral. Doch nun, da diese Fahrten ebenso gefährlich bleiben, ihr Sinn sich aber auch jenen Untreuen als zweifelsfrei zu verfolgen offenbart, müssen die Tugenden bleiben. Ihr habt jetzt die Möglichkeit euren Mut der Vergangenheit in den Lohn für eure Zukunft umzumünzen. Eure Schiffe stehen in enger Formation zu meinen. Möge auch eure Treue zu mir so eng bleiben, wenn wir nun aufbrechen. Ich sage denen, die stattdessen hier blieben möchten, dass sie dies dürfen. Doch sie verlieren mehr, als sie gewinnen können. Ich sage denen, die mir folgen wollen, dass sie es nicht bereuen werden. Mein Schiff wird nun die neuen Aufgaben in Angriff nehmen und jede Mannschaft, die willig ist, die Vergangenheit und die Zukunft zu ehren, möge sich mir ohne jede Angst und ohne verbleibende Zweifel sofort anschließen!‹

Nachdem ich die Rede beendet hatte, ließ ich sofort den neuen Kurs aufnehmen. So ergriffen wie meine eigene Mannschaft von meinen Worten war, so verhielt es sich auch mit den Besatzungen aller anderen Schiffe, denn ausnahmlos folgten sie mir, sodass die Formation des Verbandes ihre Stärke behielt. Die Kraft der Moral der Mannschaft indes war stärker denn je.

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II / IV

Gleichzeitig erhielt ich Kenntnis von der brisanten Lage an der Stelle, wo unsere Kräfte mit denen unserer Gegner zusammenstießen. Es begab sich nämlich, dass sich viele Schiffe in breiter Aufstellung gegenüberstanden, die Bedingungen des Kaddes-Raumsektors ein langes Ausharren aber erschwerten. Die Strahlung raubte beiden Seiten die Energie, doch da die Schilde aufrechterhalten werden mussten, galt es Ressourcen anderenorts einzusparen. Unsere Schiffe benötigten deshalb verstärkt Nachschub aus der Reserve, doch Hilfe war an vielen Orten innerhalb unseren Gebiets nötig. Was die oppositionellen Verbände angeht, so konnte man nur indirekt auf ihre Reaktion auf die angespannte Lage schließen. In ihren Reihen herrschte wenig Bewegung und da auch ihr Nachschub nur spuradisch die Aufstellungslinie anflog, und sie sich sonst ruhig verhielten, war nicht viel über ihre tatsächliche Situation in Erfahrung zu bringen.

Dies als Hintergrund, befahl das Oberkommando meinem Verband, die Unterstützung jener Schiffe durchzuführen. Ich willigte zum Schein ein und sandte den Großteil der mir Untergebenen dort hin, wohlwissend, dass die Flugroute direkt auf dem Weg liegt, wo ich sie in Wirklichkeit einzusetzen gedachte. Mit der verbleibenden Gruppe wollte ich dann einen anderen Kurs einschlagen, denn mein Plan sah anders aus: Zunächst musste ich einmal mehr in den eigenen Reihen für Ordnung sorgen und dadurch gleichzeitig das Oberkommando von einer Strategie überzeugen, die unserer Seite Erfolge versprach. Dann würde auch der Zeitpunkt gekommen sein, die ganze Flotte hinter mein Unternehmen zu sammeln.

Als nämlich der Konflikt eine allumfassende Tragweite erhielt, war die Reaktion darauf geteilt. Tagro, ehemaliger Befehlshaber einer großen Flotte, zog sich mit seinen Leuten zurück und fehlte seither bei vielen bedeutenden Auseinandersetzungen. Ich aber war so in die Geschehnisse eingebunden, dass ich ihn bezüglich seines Verhaltens nicht zur Rede stellen konnte. Erst nun, da mir die Erfolge große Freiheit gaben, den Einsatz meines Verbandes zu entscheiden, konnte ich Tagro aufsuchen.

Im Orbit eines von der Öffentlichkeit vergessenen Planeten fristeten er und seine Anhänger ihr Dasein. Ich traf mit vier Schiffen ein, wobei ich Anweisung gab, dass alle bis auf mein eigenes sich so lange versteckt halten sollten, bis ich das Gegenteil anordnen würde.
Ich aber sprach zu Tagro:

›Zu lange war die Zeit deiner Unentschlossenheit. Denn jeder Mann hat sich zu entscheiden, wie dieser Angelegenheit zu begegnen sei. Entweder man steht denen zur Seite, die man seit jeher aus guten Gründen unterstützte. Dann kennt man jede Gefahr und Wagnis und scheut nicht das Risiko, um einer guten Sache zu dienen. Oder man gibt die Brüder von gestern auf, verkennt die gute Sache von einst und schließt sich dem Gegner an. Du hast hingegen die dritte Möglichkeit gewählt, die nur bis jetzt eine Alternative war. Doch ich bin hier her gekommen, um dir erneut die Frage zu stellen, die sich jeder ehrbare aus deiner Mannschaft sicherlich an jedem Tag eures Hierseins gestellt hat: Willst du deine Kraft einsetzen, um uns zu helfen, oder willst deine Kraft einsetzen, um uns zu schaden? Ist dies der Fall, so ziehe ab und es wird Dir kein Leid geschehen, während du zu den Gegnern überläufst. Erst wenn du dich dann, zu ihren Reihen gehörend, gegen uns wendest, musst du dich vor den Konsequenzen deiner Entscheidung fürchten, die dich dann verstärkt ereilen werden. Oder willst du dich entscheiden, deine Tatenlosigkeit aufzugeben und dich den Freunden von früher in der guten Weise von früher anschließen? Dann soll dir die Ehre zuteil werden, die du hier womöglich schon vergessen hast, denn anders ist deine Unentschlossenheit, der ich jetzt ein Ende setzen muss, nicht zu erklären.‹
Er antwortete voller Ruhe:

›An jenem Tag, als sich die Flotte rüstete traf ich meine Entscheidung, und es war keine Wahl für diese oder jene Seite, sondern eine Wahl zwischen Frieden und Krieg. Der eine, der Krieg, richtet sich gegen beide Seiten und beide werden aus ihm mit Verlusten hervorgehen. Der andere, der Frieden, gilt in gleicher Weise für beide Seiten. Täten alle Beteiligten das, was ich seit jenem Tag Stunde für Stunde für diese in diesem Konflikt tat, so würde dies beiden Seiten zu Ehre gereichen.‹

Unzufrieden mit dieser Antwort gewährte ich ihm noch eine Stunde Bedenkzeit, denn bevor ich abzureisen gedachte, würde er Stellung beziehen müssen.

In der Zwischenzeit bemühten ich und meine Offizieren uns um Kontakt zu Tagros Besatzung, was jedoch scheiterte. Das war umso bedauerlicher, da mir klar war, dass die Einstellung eines unentschlossenen Mannes für die Moral der ganzen Mannschaft zwar schadhaft sein konnte, in der Gesamtheit aber nicht endgültig sein musste. Wer im Inneren beseelt ist von der Richtigkeit der Dinge, bei dem erwacht dieser Geist oft schon durch einen kleinen Funken von außen. Leider verging die Stunde ohne die Möglichkeit, diese Leute zu erreichen.

Mit großer Spannung erwarteten ich und meine Offiziere Tagros Funkspruch.
Sowohl unserer Seite, als auch der des Gegners verweigerte Tagro seine Unterstützung. Da alles Appellieren nichts half, musste ich Tagro aufgeben. Meine drei Schiffe, die sich bisher versteckt gehalten hatten, setzte ich nun gestaffel ein. Das Erste flog einen direkten Angriff gegen Tagros Raumschiff. Mit gezielten Schüssen und die Überraschung des plötzlichen Auftauchens nutzend, fügten wir ihm schwere Schäden zu und als sie versuchten zu entkommen, griff ich mit allen vier Schiffen meines Kleinverbandes an.
So sahen wir uns gezwungen Tagros Schiff zu zerstören.

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III / IV

Noch immer waren wir getrennt von dem Hauptteil meines Verbandes.
Bevor ich ihnen neue Befehle geben wollte, weiterhin war die Versetzung meiner Flotte in das Krisengebiet nämlich nur eine Finte, kontaktierte ich das Oberkommando.

Eindringlich machte ich ihnen die Lage klar und schärfte ihren Verstand für eine umfassendere Sicht auf den Konflikt und nutzte dabei gezielt nicht nur die Geschnisse der Vergangenheit, sondern auch die letzte Angelegenheit. Dabei ging ich ein Wagnis ein, das sich in die Entschlossenheit meiner anderen Taten einreiht. Die Opfer, die in bedrohlichen Situationen erbracht werden müssen, können sehr unterschiedlicher Natur sein, was sich auch in meiner Vorgehensweise nun bewies.

Das Oberkommando hatte zwar inzwischen Kenntnis von der Zerstörung Tagros Schiffs und beklagte den Verlust. Über die genauen Überstände wussten aber sie ebensowenig, wie über Tagros Unentschlossenheit, die ihn gefährlicher machte, als wenn er sich an die Seite des Gegners gestellt hätte. So schilderte ich die Geschehnisse derart, dass sie Tagro wieder zu einem treuen Anhänger machten, dass sein Andenken gewahrt blieb. Gleichzeitig ließ ich sein Verhalten meiner Mannschaft als Warnung gelten, und versicherte mich ihrer Treue, denn ich ließ keine Zweifel daran, dass Tagro in Wirklichkeit die Tugenden verriet, für die wir alle lebten und zwar nach Außen nun Anerkennung fand, er tatsächlich aber ehrlos den Tod fand. In diesem Wissen würde meine Mannschaft niemals die wahren Geschehnisse preisgeben, sich stattdessen aber umso stärker unserer anstehenden Aufgabe widmen.

Dem Oberkommando berichtete ich, mein Teilverband sei hinzugekommen, als Tagro gegen ein feindliches Schiff kämpfen musste und sich beide gegenseitig zerstörten. Dies schockierte meine Vorgesetzten deshalb derartig, weil Tagros Aufenthaltsort tief in unserem Gebiet lag und sie so annehmen mussten, dass es dem Feind gelänge, unentdeckt dorthin vorzudringen. Nun wussten sie nicht, ob dies ein Einzelfall war oder nicht. So erreichte ich, dass sie ihrer bisherigen Strategie selbt mit Misstrauen begegneten und bereit für meine Vorschläge waren.

Auch wenn der Gegner zwar in Wahrheit nicht in der Lage war, uns im empflindlichsten Inneren unseres Gebiets zu begegnen, sah ich es als unabdingbar, es ihnen glaubhaft zu machen und die Kriegstaktik zu verschärfen, denn nur durch entschlossenes, schnelles Handeln konnte auch ein rascher Frieden entstehen. So überzeugte ich das Oberkommande meinen Plan umzusetzen. Ich bekam die Befehlsgewalt über meine Flotte, darüber hinaus über vier ebensogroße Einheiten, die sich alle an dem Ort wiederfinden würden, den ich vorgab und den ich nun auch meinem eigenen Verband, der sich nach Außen immernoch auf dem Weg zum Kaddes-Sektor befand, als eigentliches Ziel enthüllen konnte.

In einem großen Bogen würden meine Kräfte die gegnerische Heimatwelt anfliegen, und durch die natürlichen Raumgegebenheiten ihr Annähern lange genug verschleiern können, um einen optimalen Effekt erreichen zu können. Mir einer willensstarken Mannschaft im Rücken und mit einer großen Flotten kampferprobter Schiffe erwartete ich zwei mögliche Ausgänge dieses Vorhabens.

Entweder würde die bloße Präsenz unserer Übermacht die andere Seite zur sofortigen Aufgabe bewegen. In diesem Fall folgte auf ihre Kapitulation die sofortige Belagerung ihrer Heimat. Oder aber sie würden es auf einen Kampf anlegen. Dann wäre unsere Moral und unsere Kraft gefordert, die uns zweifelsfrei den Erfolg bringen würden, wenn dies auch mit Opfern und einigen weiteren Mühsalen verbunden wäre. In beiden Fällen wäre der Ausgang letztendlich für uns positiv, sodass sich diese Taktik als die einzig sinnvoll herausstellen müsste.
So setzten wir direkten Kurs auf die Heimatwelt des Gegners.«


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IV / IV

Die Schiffe vom Kaddes-Sektor wurden abgezogen. Alle erhielten die Befehle, sich ab jetzt unter dem Kommande von Livens zusammenzufinden. Der Abzug geschah langsam, denn er sollte weniger geordnet als vielmehr notgedrungen wirken. Es war Teil der neuen Strategie, die einzelnen Schiffe erst nach und nach auf den neuen Kurs zu schicken, sie zunächst geradezu in Irrwegen zurück in das eigene Gebiet fliegen zu lassen, ehe sie dann irgenwann alle die bogenfömige Route zum gegnerischen Heimatplaneten aufnehmen würden.

Unter den Kommandanten, die an der Linie im Kaddes-Sektor als letzte zurückblieben, war Archant. Das Ausharren der Schiffe beider Seiten empfand er als willkommene Erholung. Seit Monaten war es immer wieder zu Zusammenstößen gekommen, die meisten endeten mit Gewalt. Wenn er zurückdachte, so konnte er sich nicht an den Zeitpunkt erinnern, an dem man das erste Mal von Krieg sprach. Noch schleierhafter verhielt es sich mit den Auslösern für die Aggressionen. Irgendwann waren Kolonien verschwunden, ein Zusammenhang mit den Fremden konnte nicht bewiesen werden, aber ehe man sich versah, gab das Oberkommando jedoch den Mobilierungsbefehl. Schlacht folgte auf Schlacht, denn ein Waffenstillstand wurde nicht geschlossen. Immer wenn sich Archant dies vor Augen hielt, musste er unwillkürlich munzeln und das trotz der hohen Verluste an Menschen. Die Ironie suchte sich in dieser vielleicht pietätlosen Mimik ein Ventil, denn das Bizarre war, dass ein Waffenstillstand ohne Kontaktaufnahme ja kaum nicht möglich war. Doch eben dieser Kontakt wurde nie versucht. Seit Monaten hatte keiner Bemühungen unternommen, sich mit dem Gegner auszutauschen. Es war Teil der ausgegebenen Strategie geworden und niemand hinterfragte sie ernsthaft. Doch nun, da die neuen Befehle zum Verlassen des Kaddes-Sektors, was seiner Aufgabe gleichkam, galten, empfand Archant eine seltsame Freiheit: sein Schiff war als letztes übriggeblieben.

Die Gegenseite hatte keine weiteren Schritte unternommen. Ihrer Übermacht entgegenblickend, wartete er darauf, ob sich bei ihm eine Unruhe einstellen würde oder nicht. Sie konnten ihn und sein Schiff ohne weiteres vernichten. Das Einzige was er dagegen unternehmen könnte, wäre zu fliehen und genau das würde er machen, nur nicht heil- und kopflos, sondern direkt zur Vernichtung der Heimat des Feindes. Darauf, kein Zweifel bestand für ihn in diesem Punkt, würde es hinauslaufen, denn wann immer es in der Vergagenheit die Möglichkeit zur gezielten Deeskalation gegeben hatte, wurde diese Chance ausgeschlagen. So dachte er nach und in seinem Kopf formte sich ein Bild der Zukunft, das die Menschheit zeigte, wie sie stolz und erhaben ein Loblied auf sich selbst sang und den Feind so würdigte, wie sie ihn kannten. Sie würden ihn aber nie wirklich kennen und so würde er zu einem bedeutenden Teil des Kriegspathos verkommen.

Als er diese und andere Gedanken hatte, blickte er weiter den fremden Schiffen entgegen. Alles war ruhig, tatsächlich schienen sie einfach nur zu warten und Archant verstand auch worauf. Er gab den Befehl, eine Funkverbindung zu öffen.

Während die Flotte der Menschheit den Vernichtungsschlag vorbereite, erfuhr Archant das große Missverständnis, das, egal wie die Ereignisse ausgehen sollten, beiden Seiten nur Unglück gebracht hatte.

ENDE
 
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