"Duck Blind" und die Ba'ku

M

Max

Guest
Die Vorgänge aus "Insurrection" scheinen mir nicht soooo eindeutig, als dass es nicht eine Diskussion wert wäre.
Ausgelöst durch die unsympathische Arroganz von Anij: Lief da alles 'richtig'? Was hätten wir denn da so?

Doughertys Argument: Die Ba'ku sind Zugereiste, ihre Ansprüche auf das ewige Leben auf dem Planeten scheinen dadurch nur zweifelhaft legitimiert. Jedenfalls haben sie die Sternenflotte ja ganz offensichtlich nicht gefragt, als sie diese Welt im Einflussbereich der Föderation einfach besetzten.

Die Ba'ku und Son'a sind ein Volk. Wenn es sich nach der Moral verbietet, die Ba'ku umzusiedeln, also sich in ihre Belange einzumischen, so dürfte man streng genommen auch nicht intervenieren, wenn beide Gruppen interne Angelegenheiten austragen, also die Son'a gewähren lassen.

Stattdessen entschied sich der Föderationsrat im Sinne des Wohls der Vielen zu handeln, also "minimal-inversiv" einzuschreiten. Natürlich hätten die Ba'ku ihre Heimat aufgeben müssen, wenngleich man sicherlich dafür gesorgt hätte, ihnen ein adäquates neues Land zu finden. Ihrer Unsterblichkeit wäre indes freilich ein Ende gesetzt worden, aber in Umkehr der arroganten Ethik Anijs hätten sie damit doch auch zurecht kommen müssen.

Entweder man beschließt, die Föderation habe nichts mit dem Ba'ku-Planeten zu tun, oder man nimmt die eigenen Rechte so wahr, wie einem nutzen...

Das ist jetzt natürlich alles etwas provokant, dennoch als Diskussions-Grundlage zu erwähnen sinnvoll gewesen.
 
Aufgrund dieses moralischen Dilemmas halte ich den Film für einen der besten der TNG-Reihe überhaupt. Er ist auf jeden Fall der witzigste.

Nüchtern betrachtet, gibt es keine klare Lösung. Aber aufgrund der durch das Drehbuch vorgegeben Sympathien der beteiligten Charaktere ist am Ende das Ergebnis eindeutig. :)
 
Doughertys Argument: Die Ba'ku sind Zugereiste, ihre Ansprüche auf das ewige Leben auf dem Planeten scheinen dadurch nur zweifelhaft legitimiert. Jedenfalls haben sie die Sternenflotte ja ganz offensichtlich nicht gefragt, als sie diese Welt im Einflussbereich der Föderation einfach besetzten.
Ich finde es auch ziemlich dreist, einfach einen Planeten im Einflussbereich der Föderation zu besetzen! Und dann auch noch vor Gründung der Föderation, wie fies :p
Wie die Ba'ku dort hingekommen sind, ist letztendlich irrelevant, sie sind - unseres Wissens nach ohne Konfliktverursachung mit einer anderen Spezies - dort angekommen und haben daher das Recht, diesen Planeten als ihre Heimat zu betrachten.

Max schrieb:
Die Ba'ku und Son'a sind ein Volk. Wenn es sich nach der Moral verbietet, die Ba'ku umzusiedeln, also sich in ihre Belange einzumischen, so dürfte man streng genommen auch nicht intervenieren, wenn beide Gruppen interne Angelegenheiten austragen, also die Son'a gewähren lassen.
Stimme ich Dir voll zu. Es handelt sich um eine interne Angelegenheit der Ba'ku/So'na. Die Einmischung in den Konflikt zwischen den beiden ist definitiv ein Bruch der Obersten Direktive...
Die Handlungsweise des Föderationsrates und Admiral Doughertys - ihres ausführenden Arms in dieser Sache - sind definitiv illegal.

Bei den Handlungen der Picard-Crew ist das weniger eindeutig. Jedenfalls musste die illegale Handlung von Dougherty unterbunden werden.
Der Kampf mit den So'na wird dadurch jedoch nicht gerechtfertigt. Beachtet man allerdings, dass die So'na sich vor einigen Jahrhunderten von den Ba'ku losgesagt haben und sich ihr eigenes Territorium gesucht haben, das jenseits dieser Welt im Briar Patch liegt (oder man miteinbezieht, dass die Föderation nicht darüber unterrichtet wurde, dass die So'na in irgendeiner Verwandtschaftsbeziehung mit den Ba'ku stehen), so kann man die Anwesenheit der So'na als Bruch des territorialen Hoheitsrechtes der Föderation betrachten, wenn man Picards Äußerungen gegenüber Ruafo als Kündigung des vorher offenbar gegenüber den So'na ausgesprochenen Aufenthaltrechtes auffasst. Dies lässt sich aber streng genommen erst nach dem Tod von Dougherty argumentieren, da er vorher der höchste Föderationsvertreter war und für das Aufenthaltsrecht eintrat.
Desweiteren ist aber davon auszugehen, dass das Aufenthaltsrecht für fremde Spezies (z.B. So'na) nicht das Recht auf Vertreibung anderer Spezies oder den Angriff auf selbige legitimiert.

Kurzum:
  1. Vertreibung der Ba'ku ist nicht gerechtfertigt.
  2. Aufenthaltsrecht der So'na ist (ab Dougherties Tod) nicht gerechtfertigt.
  3. Verteidigung der Ba'ku gegenüber Übergriffen der So'na ist gerechtfertigt.
Insofern ist die Handlung des Föderationsrates streng zu verurteilen (insbesondere die Beteiligung an Punkt 1). Die Handlungen der Enterprise-Crew unter Riker sind einwandfrei vertretbar zur "Korrektur" von Punkt 1.
Die Handlungen der Enterprise-Führungsoffiziere unter Picard ist im Groben korrekt; jedoch hätten wohl die Absetzung Doughertys (wegen Punkt 1) und die Aufforderung an die So'na zum Verlassen des Föderationsraumes (wegen Punkt 3) stärker zur Geltung kommen müssen.

PS: Ich liebe es, wenn Max ein Thema aufmacht :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Stimme ich Dir voll zu. Es handelt sich um eine interne Angelegenheit der Ba'ku/So'na. Die Einmischung in den Konflikt zwischen den beiden ist definitiv ein Bruch der Obersten Direktive...
Die Handlungsweise des Föderationsrates und Admiral Doughertys - ihres ausführenden Arms in dieser Sache - sind definitiv illegal.
nachdem bekannt ist, dass beide ein- und dieselbe Rasse sind, versteht sich ;)

Das macht den Film ja ansich auch so reizvoll. Er ist voller ethischer Konflikte und Fragen, die nicht so ohne Weiteres zu klären sind.
 
nachdem bekannt ist, dass beide ein- und dieselbe Rasse sind, versteht sich ;)
Letztendlich ist die Einmischung auch schon vorher illegal.
Die Oberste Direktive verbietet ja generell, sich in fremde Konflikte einzumischen, es sei denn, wenn die Föderation um Vermittlung gebeten wird.
Das einzige, was die Föderation hier zu einer Einmischung legitimiert, ist ihre Territorialhoheit; allerdings erst um zwei Ecken, insofern, als dass den So'na bei Auffälligkeiten (wie z.B. der Austragung eines Konfliktes im Territorium der Föderation) der Einflug ins Föderationsgebiet verboten werden kann.
 
Ist das Thema hier eigentlich schon beendet?

Ich glaube jedenfalls, dass Picards Einmischung in den Konflikt allemal gerechtfertigt ist. Letztlich ist es doch Data, der die fiesen MAchenschaften aus der zweifelsfrei unmoralischen Zusammenarbeit mit fehlbaren Sternenflotten-Offizieren und den So'na, mit der Absicht die Ba'ku von ihrer mehr oder weniger neuen Heimat gewaltsam zu entfernen, als illegal entlarvt. Als sich nun Picard entscheidet, die Föderationsgrundsätze zu verteidigen und die Zusammenarbeit zwischen Sternenflotte und So'na versucht zu unterbinden, gerät er unter den Beschuss der So'na. Daraufhin verteigidt er sich lediglich und schaftt es endlich sogar, die Ba'ku und die So'na wieder zusammenzuführen... bis auf Ruafo, den einen Bösewicht, der die Realitäten schon lange nicht mehr sieht...

Es stellt sich gar nicht die Frage, ob der Planet einschlißlich der Vorzüge des Lebens dort von den Ba'ku bewohnt werden darf oder nicht. Sie leben schon so lange dort, dass sich sogar die Zusammengehörigkeit der beiden Vökler schon kaum mehr nachvollziehen lässt. Somit hätten sie ohnehin eine Art Gewohnheitsrecht. Sonst will dort ja auch keiner leben, da man auf diesem Planeten die abgeschirmteste Ecke der bekannten Gallaxie bewohnt.

Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust scheint da auch ein bisschen weit hergeholt. Sicher fühlen wir uns ermaht, wenn eine kleine Gruppe von Menschen so - mir nichts dir nichts - umgesiedelt werden soll oder letztlich gewaltsam entfernt oder ausgelöscht werden soll.
Tatsache ist aber, dass es hier ein Versöhnungspotential gab, dass nur erst einmal erkannt werden musste.

Die Tatsache indess, dass die Föderation, vertreten durch Dougherty und seine Mannen, überhaupt an der Idee beteilig war, ist durchaus besorgniserregend. Allerdings auch gar nicht unüblich... Es gab schon andere Folgen, bei denen hohe Gremien der Föderation oder Sternenflotte unmoralisch agiert hatte. Sie wurde alle geläutert und erkannten letztlich doch, dass sie vom Pfad der Tugend, ob nun durch Täuschung und Naivität, abgekommen waren.

Leider bleibt im Film zu sehr unbelichtet, wie es zu der Täuschung des Föderationsrates überhaupt gekommen ist. Das ist mir etwas schleierhaft und unverständlich. Dadurch hat man ja offenkundig den Bruch der obersten Direktive in Kauf genommen. Möglich ist aber auch, dass dieser Föderationsrat gar nichts von den Ba'ku wusste. Das wäre ein zusätzliches Motiv für den Admiral gewesen Ruafo anzuweisen seine Schiffe der Enterprise hinterher zu schicken.

Also ist doch auch alles logisch in dem Film und passt auch ganz wunderbar in die üblichen Handlungsweisen der Föderation.
Wie oft musste Picard schon Feinde aus den eigenen Reihen schlagen - und das ist die eigentliche Herausforderung.
Wie Picard einmal nach Beendigung einer Gerichtsverhandlung gegen ihn persönlich zu Worf sagte: [...] Wachsamkeit ist der Preis, den wir kontinuierlich zahlen müssen [...]
 
PS: Ich liebe es, wenn Max ein Thema aufmacht :)
Und ich liebe Deine Antworten :)
Ist das Thema hier eigentlich schon beendet?
Nein, ganz und gar nicht und die ausführlichen Stellungnahme von Dir und Vulcan sind sehr interessant zu lesen :) :) :)

Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust scheint da auch ein bisschen weit hergeholt. Sicher fühlen wir uns ermaht, wenn eine kleine Gruppe von Menschen so - mir nichts dir nichts - umgesiedelt werden soll oder letztlich gewaltsam entfernt oder ausgelöscht werden soll.
Das lustige: Ich habe das jetzt mal weniger mit dem Holocaust in Verbindung gebracht, sondern eher mit der Vertreibung der Indianer. Sehr fraglich, ob die Schreiber auch daran gedacht haben, in Anbetracht der Ausmaße und der bizarren Anziehungskraft des Nationalsozialismus für die Hollywood-Filmindustrie und einer durchaus auch zu hinterfragenden Reflektion in Bezug auf die "eigene Vergangenheit".

Er ist auf jeden Fall der witzigste.
Sagen wir mal: der albernste.

Aber aufgrund der durch das Drehbuch vorgegeben Sympathien der beteiligten Charaktere ist am Ende das Ergebnis eindeutig. :)
Na ja, das ist es eben: mir ist Anij kaum sympathisch. Sie ist arrogant und überheblich. Die Rolle der Ba'ku hinterfragt sie nicht. Ihre Siedlungsberechtigung, vielmehr noch das Recht auf ewiges Leben stehen zwar im Film im Fokus, aber immer nur durch eine Betrachtung (und durch Handeln) von außen.
Dass sie keinerlei Verteidigungshaltung einnimmt, ist doch frapierend! Die Selbstverständlichkeit Anijs ist doch Zeichen für einen ähnlichen Realitätsverlust wie bei Ru'afo.
Die eigene, beinahe schon gottgleiche Lage macht sie fast blind für die Perspektive der anderen. Die empathische Distanz ist riesig.
Diese Komponente des Films - mag sie nun bewusst entstanden sein, was zu bezweifeln ist, oder implizit drinnen stecken - ist wenig diskutiert worden.

Picard und Co. handeln moralisch, die Minderheit unterstützend, ein Gewohnheitsrecht schützend.
Niemand scheint sich Gedanken gemacht zu haben, ob nicht umgekehrt auch moralische Bedenken bei der Ba'ku-Bevölkerungen bestehen müssten. Das Ergebnis ist erstmal egal; vielleicht kommen sie am Ende darauf, doch zu recht auf dem Planeten zu sein und ihre eigenen Bedürfnisse über die der anderen Stellen zu dürfen. Aber es findet kein Hinterfragen der eigenen Position statt. Anij fragt sich nie, ob ihre zufällige Unsterblichkeit nicht zugunsten anderer Lebewesen aufzugeben sei.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt, der doch ganz klar das Paradies in Frage zu stellen mag. Die Ba'ku-Gemeinschaft scheint schon fast repressiv gewesen zu sein, denn der Forscherdrang der (späteren) Son'a wurde doch scheinbar regelrecht unterdrückt, sodass diesen Jungenspunten nur die Alternative blieb, das "traditionell" begrenzte Leben weiter zu führen, oder ihre Familien und Freunde zu verlassen.
Auch Ru'afo und Galatin sind in der Zivilisation der Ba'ku aufgewachsen. Sie haben also die selben kulturellen und sozialen Grundlagen! Andersherum gilt das selbe.

Der moralische Konflikt hält die Ba'ku in einer nicht hinterfragten Opferrolle.
 
Na ja, das ist es eben: mir ist Anij kaum sympathisch. Sie ist arrogant und überheblich. Die Rolle der Ba'ku hinterfragt sie nicht. Ihre Siedlungsberechtigung, vielmehr noch das Recht auf ewiges Leben stehen zwar im Film im Fokus, aber immer nur durch eine Betrachtung (und durch Handeln) von außen.
Dass sie keinerlei Verteidigungshaltung einnimmt, ist doch frapierend! Die Selbstverständlichkeit Anijs ist doch Zeichen für einen ähnlichen Realitätsverlust wie bei Ru'afo.
Die eigene, beinahe schon gottgleiche Lage macht sie fast blind für die Perspektive der anderen. Die empathische Distanz ist riesig.
Diese Komponente des Films - mag sie nun bewusst entstanden sein, was zu bezweifeln ist, oder implizit drinnen stecken - ist wenig diskutiert worden.

Ich hatte ja bereits in einem anderen Thread einmal darauf hingewiesen, dass die Ba'Ku scheinbar rassistische Tendenzen aufweisen und eine gewissen Art der Herrenrasse darstellen sollen (alle Ba'Ku sind schön, gesund, weiß, leben im Paradies und akzeptieren keine anderen Meinungen zum Lebensstil).
Dies ist wahrscheinlich am Ende nur Zufall, aber IMO ein glücklicher da dieser die moralischen Grundpfeiler der Geschichte etwas mehr aufweichen und diskussionswürdiger machen.
 
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