Genau das hatte ich auch vor
Hier das erste Kapitel:
Der Besuch
Kapitel 1
Tagebuch-Eintrag für den 19. Oktober 2002 / 14:30 Uhr
Ich habe jetzt schon das Gefühl, dass es einer dieser Tage ist, an dem man lieber zu Hause geblieben wäre. Aber was macht man nicht alles für das geliebte Abitur. Bis Ferien sind, kann ich noch bis Weihnachten warten und Ausfallstunden sind auch nicht in Sicht. Natürlich gibt´s auch richtig deftige Hausaufgaben, schließlich hatten wir heute acht Stunden und in jeder hatte der Lehrer die Gelegenheit, einen Vergeltungsschlag gegen die Schüler auszuüben. Kino kann ich also wieder mal vergessen.
„Sebastian, hast du schon deine Schularbeiten gemacht?“
Jeden Tag warte ich nur so auf diesen Satz meiner Mum, und jeden Tag wird diese Erwartung zu meinem Widerwillen erfüllt.
„Wir bekommen heute noch Besuch, also benimm dich gefälligst!“
Nun ja, diesen Satz höre ich nicht jeden Tag. Zumal ich vorher nichts von einem Besuch wusste. Normalerweise erfahre ich das immer einen Tag vorher. Aber das Ganze geht mich ja eh nichts an, schließlich habe ich anderweitige, nämlich schulische Pflichten zu erfüllen, und wer wäre ich, wenn ich diese verweigern würde?
„Ach ja, Sebastian, dieser Besuch ist sehr wichtig für mich. Es wird eine Besprechung zu der morgigen Schulkonferenz geben. Bitte mach den Herren beim Eintritt die Türen auf.“
Ich saß nur da und sagte nichts. Sie, die Schuldirektorin, wusste schon dass ich es gehört und verstanden hatte. Jedes Widerwort bei ihr wird geahndet. Obwohl, bei ihr kann man bei jedem Wort schlechte Kritik bekommen.
„Ich hoffe du hast mich verstanden, Sebastian. Mach dich bitte bis 15 Uhr schick. Die Herren sollen einen positiven Eindruck von uns bekommen.“
Es war 14:50 Uhr. Schön dass wichtige Sachen eine Woche vorher angekündigt werden. Ich rannte also ins Bad und versuchte das Beste aus mir zu machen. Fünf Minuten später ging ich dann aus dem Badezimmer und sah durch die gläserne Haustür zwei Männer, die an unserer Gartentür standen. Mir fiel der angekündigte Besuch ein und mir war sofort klar, dass dieser nun dort stand. Im nächsten Moment hörte ich die Klingel.
Ich machte also cool und lässig die Tür auf.
„Sind wir hier richtig bei Schmidt, Bernd Schmidt?“
„Ja klar, komm´se rein, ich mach ihnen den Weg frei“
„Danke.“ sagte der Größere von den beiden.
Die zwei älteren Herren sahen ungewöhnlich aus. Wohl nur deswegen weil ich keine Anzüge mit Krawatte gewohnt bin. Es gab da aber noch etwas anderes Ungewöhnliches. Ich sah kein Auto, mit dem sie gekommen sein könnten.
„Sind sie zu Fuß hier?“
„Nein.“ antwortete wiederum der Größere der Beiden. Die Antwort irritierte mich.
„Wie sind sie dann hier her gekommen? Haben Sie ein Taxi genommen?“
In diesem Moment kam meine Mum um die Ecke und begrüßte die beiden Herren mit den ledernen Koffern. Ab jetzt waren die Zwei nur noch mit meiner Mum beschäftigt.
„Entschuldigen Sie, sind wir zu früh erschienen? Unser Kontakt am anderen Ende hat sich etwas in der Zeit vertan“
„Aber das macht doch nichts.“ sagte meine Mum.
Im Grunde interessierte mich das alles nicht, schließlich hatte ich eigentlich vor, meine Schularbeiten zu machen.
„Sebastian, könntest du bitte in dein Zimmer gehen?“
Die Aufforderung kam mir gerade Recht.
Es muss wohl so um 17 Uhr rum gewesen sein, als ich die ersten Schularbeiten erledigt hatte. Die Drei hörte ich immer noch miteinander reden, sogar der andere, der Kleinere der beiden Herren, sagte mal was. Ich stand also an meiner Tür und verfolgte neugierig das Gespräch.
„Sind sie sicher, dass uns der Kleine nicht hören kann?“
Die Frage kam eindeutig von dem Kleineren. Apropos Klein, hat der mich eben Klein genannt? Der soll sich mal selber anschauen.
„Ja, natürlich. Er macht seine Schularbeiten.“
„Gut, denn was wir ihnen jetzt sagen, muss der Kleine nicht unbedingt mit anhören“
Das Vernünftigste war in diesem Moment für mich, dass ich mich wieder an meine Aufgaben setzte. Bei Gesprächen unter Erwachsenen komme ich eh nicht mit.
Während ich also weiter arbeitete, ging auch das Gespräch weiter, ab jetzt jedoch ohne dass ich mithören konnte.
„Wir haben vor, diverse Materialien aus unserer Zeit in die ihrige zu transportieren, um einige Umstände bei uns zu verbessern.“
„Was sind das für Materialien, wenn ich fragen darf?“
„Es handelt sich dabei lediglich um gewisse Pläne, welche die Infrastruktur der jetzigen Städte erheblich vereinfachen und gleichzeitig effizienter machen könnte. Sie müssten diese Pläne, als Kontaktperson, an die höchsten Männer weiterleiten. Bedenken Sie dabei jedoch, dass sie Ihnen rein gar nichts von uns verraten!“
„Ich möchte die Pläne vorher sehen.“
„Werden Sie noch früh genug. Wären sie mit dieser Aktion im Allgemeinen einverstanden? Dann unterschreiben Sie bitte hier. Danke.
Wir sehen uns spätestens nächste Woche wieder. Dann dürften die Pläne fertig ausgearbeitet sein.“
„In Ordnung. Verraten Sie mir bitte nur eins noch. Ich weiß, solche Gespräche sind eigentlich verboten, aber...wie geht es meinem Sohn in Ihrer Zeit?“
„Oh, ihm geht es prächtig. Aber wegen ihm sind wir schließlich nicht hier, sondern wegen der Verbesserung des Lebensstandards der Gegenwart, und das wissen sie ganz genau. Darum sollten sie sich auf das eigentliche konzentrieren.“
„Bis dann.“
„Rechnen Sie mit uns im Laufe der nächsten Woche, doch verraten Sie ihrem Sohn nichts von unserem Vorhaben. Wir sind zwei einfache Schulkollegen.“
„Alles klar.“
Meine Aufgaben war ich jetzt alle durch. Daher konnte ich den letzten Satz des Größeren noch mithören. Ich bin also aus meinem Zimmer gegangen und habe meine Mum gefragt, wer das denn gewesen ist, nicht
aus Neugier, sondern als kleiner Test.
„Das waren zwei einfache Schulkollegen, nichts besonderes, mein Schatz.“
Vorhin war es noch ein wichtiger Besuch, aber daran sieht man mal wieder, wie manipulierbar Menschen sind.
„Und wann kommen sie wieder?“
„Weiß ich nicht.“
Wenigstens das hat sie nicht nachgesprochen.